83, Wismut (Bi)

Bismutum, mhd. wise muth = Weiße Masse

Das Element Wismut:

         
  Sn Sb Te  
  Pb Bi Po  
  Fl Mc Lv  
         
 
   
   
   
   
   
   
   
Natürliche Entstehung von Wismut (Nukleosynthese): Wismut kommt in der Natur zwar mit mehreren Nukliden vor, wobei der Anteil des sehr langlebigen Nuklids Bi-209 praktisch 100% ausmacht. Die anderen Nuklide (Bi-210, Bi-211, Bi-212 und Bi-214) sind nur kurzlebige Zwischenprodukte in den verschiedenen natürlichen Zerfallsreihen, die von Thorium, Uran und/oder Plutonium ausgehen. Daher muss es als 20. Reinelement betrachtet werden.

Nukleosynthese: Wismut ist das schwerste Element, welches direkt durch s-Prozesse noch gebildet werden kann. Weitere Neutronenaufnahmen führen zu Bi-210, welches zu Po-210 zerfällt. Dieses wiederum zerfällt entweder mit einer HWZ von rund 139 Tagen zu Pb-206, oder geht durch weiteren Neutroneneinfang zu Po-211 über, welches quasi augenblicklich (T½~600 ms) zu Pb-207 unter α-Emission zerfällt. Ein kleiner Teil des heute vorhandenen Wismuts wurde durch r-Prozesse gebildet.

Die Wismut-Synthese:
209Bi-Synthese:
(s-, r-Prozesse):

208Pb + n → 209Bi + β- + 4,58 MeV

56Fe + 153n → 83Bi + 57β- + 1193 MeV


End-Zyklus des s-Prozesses


Wismut in den natürlichen Zerfallsreihen. Ein bedeutend größerer Anteil des Wismuts entstand als (vorletztes) Zerfallsglied der natürlichen Neptunium-Zerfallsreihe, da alle Nuklide mit einer Massenzahl 4n+1 bei n>52 im Endeffekt zu Bi-209 zerfallen. Wismut-209 selber ist sehr schwach radioaktiv - es zerfällt mit einer Halbwertszeit von 1,92•1022 Jahren unter α-Emission zu Thallium-205. Da dieser Zeitraum, in welchem die Hälfte allen Wismuts zerfallen wäre, dem billionenfachen Alter des Universums entspräche, kann das Element faktisch als stabil angesehen werden: Ein Kilogramm Wismut hat eine Aktivität von etwa 0,003 Becquerel. Daneben finden sich weitere vier Isotope des Elements als kurzlebige Zwischenprodukte des Uran- und Thorium-Zerfalls: Aus U-238 treten die Isotope Bi-214 und Bi-210, aus U-235 das Isotop Bi-211 und aus Th-232 das Isotop Bi-212 als Zerfallszwischenprodukte auf.

Die Wismut-Radiogenese:
209Bi-Genese:
(Neptunium-Reihe)

237Np → 209Bi + 7α + 4β- + 46,16 MeV
(Summe aller Zerfälle)

209Bi → 205Tl + α + 3,14 MeV
(T½ = 1,92•1022 a)

210Bi-Genese:
(Uran-Radium-Reihe)

238U → 210Bi + 7α + 5β- + 45,13 MeV
(Summe aller Zerfälle)

210Bi → 210Po + β + 1,16 MeV
(T½ = 5,012 d)

211Bi-Genese:
(Uran-Actinium-Reihe)

235U → 211Bi + 6α + 3β- + 38,23 MeV
(Summe aller Zerfälle)

211Bi → 211Po + β + 0,57 MeV
(T½ = 2,14 min)

212Bi-Genese:
(Thorium-Reihe)

232Th → 212Bi + 5α + 3β- + 31,44 MeV
(Summe aller Zerfälle)

64%: 212Bi → 212Po + β + 6,21 MeV
36%: 212Bi → 208Tl + α + 2,25 MeV
(T½ = 1 h 33 s)

214Bi-Genese:
(Uran-Radium-Reihe)

238U → 214Bi + 6α + 3β- + 33,96 MeV
(Summe aller Zerfälle)

99,98%: 214Bi → 214Po + β + 3,27 MeV
0,02%: 214Bi → 210Tl + α + 5,62 MeV
(T½ = 19,9 m)



Vorkommen von Wismut: Die Materie des Universums besteht durchschnittlich zu 700 ng/kg aus Wismut (Rang 66), womit es häufiger ist, als beispielsweise Silber und Antimon, deren Ordnungszahlen jedoch um fast 40 Einheiten tiefer liegen. Dies ist damit zu erklären, dass eine der vier natürlichen radioaktiven Zerfallsreihen über Wismut-209 zu Thallium-205 führt, wodurch jedweder schwere Kern mit einer Nukleonenzahl von 209+(4n), also 213 (n=1), 217 (n=2), ... , 237 (n=7) usw. schlussendlich zu Wismut zerfällt.

Auf der Erde ist das Element nur wenig angereichert worden, was mit dem flüchtigen Charakter sowohl des Elements als auch seines Sulfids und Oxids zusammenhängt, wobei es nicht in dem Maße Doppelsulfide oder -oxide bildet, wie Antimon oder Arsen dies tun. So besteht die gesamte Erde zu etwa 3 μg/kg aus Bi (Rang 77), die Kruste zu etwa 8,5 μg/kg aus Bi (Rang 71).

Mineralische Vorkommen von Wismut. Die wichtigsten Wismuterze sind Wismutocker (Wismut(III)oxid, Bismit) und Wismutglanz (Wismut(III)sulfid, Bismuthinit). Daneben kommt das Element - in weitaus größerem Maße als Arsen und Antimon - auch gediegen vor. Andere Wismutmineralien sind bspw. Kupfer- und Silberwismutglanz, welche miteinander eine lückenlose Mischungsreihe bilden ( (Cu|Ag)BiS2), Kupferwismutblende (Cu3BiS3) oder Eulytin, Bi4(SiO4)3.

Wichtige Wismut-Mineralien:

Gediegen Wismut[1]
Bi

Wismutglanz[1]
Bismithinit, Bi2S3

Wismutocker[2]
Bismit, Bi2O3


Wismut-Gewinnung: Aus Wismut(III)oxid. Oxidische Wismuterze werden in Flammöfen mit adäquaten Mengen an Kohle vermahlen und auf etwa 830°C erhitzt. Dabei reagiert die Mischung unter Bildung von Kohlendioxid zu elementarem Wismut, welches nach unten sinkt, und als Rohwismut abgestochen werden kann.

Aus Wismut(III)sulfid. Dieses kann durch dieselben Verfahren zu Wismut aufbereitet werden, wie Antimon aus Antimon(III)sulfid erhalten werden kann:

Niederschlagsverfahren: Bei Erzen mit hohem Wimsutgehalt werden diese oberhalb 700°C mit elementarem Eisen verschmolzen, wobei flüssiges Wismut neben Eisensulfid entsteht. Bei sulfidischen Erzen mit geringerem Wismutgehalt als ca. 40% wird es daraus durch das Röstreduktionsverfahren gewonnen: Dabei wird das Erz zunächst oxidisch geröstet, um dann mit Kohle zum Wismut reduziert zu werden.

Reinwismut. In allen Fällen erhält man mittels der drei Verfahren ein Rohwismut, welches noch einen Anteil an Fremdelementen (in erster Linie Schwefel, Kupfer, Silber, Gold, Arsen, Antimon, Blei und Eisen) hat. Kupfer lässt sich durch Schmelzen mit Natriumsulfid entfernen, Gold durch Extraktion mit mit Zinn, welches sich mit Wismut nicht mischt. Eisen, Arsen, Schwefel und Antimon entfernen, indem die Wismutschmelze mit Luft verblasen wird.

Wismut und Wismutgewinnung

Elementares, umkristallisiertes
Wismut[3]

Darstellung von Wismut[3]

Wismut(III)oxid[6]
Wismutocker, Bi2O3


Chemie von Wismut: Wismut hat die Elektronenkonfiguration [Xe]6s24f145d106p3. Aufgrund des Inertpaar-Effektes innerhalb der 6. Schale, was bedeutet, dass die Elektronenkonfigaration [Xe] 6s24f145d10 eine besondere Stabilität hat (Quecksilber-Konfiguration), ist beim Wismut die Oxidationsstufe +3 die vorherrschende. Bi(V)-Verbindungen, die ohnehin nur noch in Verbindung mit Sauerstoff und Fluor bekannt sind, stellen starke Oxidationsmittel dar. Binäre Verbindungen mit elektropositiveren Metallen (Bismutide) stellen demgemäß starke Reduktionsmittel dar.

Verhalten an der Luft. Wismut reagiert in der Kälte nicht mit dem Luftsauerstoff, da es sich mit einer sehr dünnen, jedoch kompakten Oxidschicht überzieht. In der Hitze, oberhalb seines Schmelzpunktes, reagiert es merklich mit dem Luftsauerstoff, so dass sich eine Wismutschmelze mit einer grauen Oxidhaut überzieht. Bei Rotgluht (oberhalb etwa 600°C) verbrennt das Metall dann mit fahlblauer Flamme zu Wismut(III)oxid, welches in ockergelben Nebeln aufsteigt. Dadurch verbrennt auch kompaktes Wismut vollständig.

4Bi + 3O2 → 2Bi2O3 + 1147 kJ

Verhalten gegenüber Wasser, Säuren und Laugen. Wismut reagiert weder in der Kälte noch in der Wärme mit Wasser oder nichtoxidierenden Säuren bzw. Laugen. Wismut steht in der Spannungsreihe rechts von Wasserstoff, und ist vergleichbar edel wie Kupfer. Dementsprechend löst es sich in oxidierenden Säuren auf, so etwa in konz. Schwefelsäure bzw. in Salpetersäure zu Wismut(III)-Salzen auf. Auch von konzentrierten wässrigen Alkalien wird Bi(OH)3 nicht merklich gelöst, so dass dieses keinen sauren Charakter mehr hat. Lediglich beim Zusammenschmelzen von Wismut(III)oxid und Alkalihydroxid oder -carbonat sind Bismutate(III) darstellbar, die jedoch in Wasser fast vollständig zu NaOH und Bi2O3 hydrolysieren.

Reaktion von Wismut mit Salpetersäure:
Bi + 6HNO3 → Bi(NO3)3 + 3NO2↑ + 3H2O

Reaktion von Wismut(III)oxid mit Natriumhydroxid beim Schmelzen:
Bi2O3 + 2NaOH → 2NaBiO2 + H2O↑


Reaktionen mit Halogenen: Mit Fluor reagiert Wismut unter stark exothermer Reaktion zu Wismut(III)fluorid. Gegenüber diesem ist die Bildung von Wismut(V)fluorid bereits endotherm, so dass die Weiterfluorierung nur bei hohen Temperaturen gelingt. Andererseits ist genau aus diesem Grunde Wismut(V)fluorid ein starkes Fluorierungs- bzw. Oxidationsmittel. Mit Chlor, Brom und Iod werden beim Erwärmen Trihalogenide gebildet; Pentahalogenide der genannten Elemente sind dagegen unbekannt. Wismut(III)fluorid und -chlorid sind farblose Substanzen, das Wismut(III)bromid ist gelb, Wismut(III)iodid als Festsubstanz schwarzbraun.

Reaktionen mit Schwefel und anderen Nichtmetallen: Mit Schwefel reagiert Wismut beim Zusammenschmelzen unter Bildung von Wismut(III)sulfid. Keine Reaktion geht Wismut dagegen mit seinen leichteren Gruppenhomologen, dem Stickstoff und dem Phosphor ein. Mit Arsen und Antimon bildet es legierungsartige, halbleitende Verbindungen (BiAs, BiSb).

Bismutan. Die Wasserstoffverbindung des Wismuts (BiH3) ist nicht mehr durch direkte Hydrierung, oder Säurezugabe zu einem Bismutid erhältlich: Bismutan ist eine stark endotherme Verbindung, die dementsprechend auch schon bei tiefen Temperaturen leicht wieder in ihre Bestandteile zerfällt. Ein Dibismutan (Bi2H4 ist nicht bekannt.

Bismutide werden mit stark elektropositiven Elementen (Alkalimetalle, schwere Erdalkalimetalle) gebildet. Es handelt sich bei ihnen um Zintl-Verbindungen, in welchen stark deformierte Wismut-Anionen neben (Erd)alkalimetall-Kationen (und einem Anteil freier Elektronen) im Kristallgitter vorliegen.
Physikalische Besonderheiten von Wismut bzw. von seinen Verbindungen: Dichte-Anomalie. Wie Wasser, die Halbmetalle, Gallium und Antimon, zeigt auch Wismut beim Schmelzen eine Volumenkontraktion: Geschmolzenes Wismut ist spezifisch dichter als festes, so dass es auf seiner eigenen Schmelze aufschwimmt. Sein Volumen nimmt beim Schmelzen um etwa 2,7% ab. Von dieser physikalischen Besonderheit macht man Gebrauch, indem das Metall oder eine sich analog verhaltende Wismutlegierung als Gussmetall verwendet wird: Das erstarrende Wismut presst sich dabei fest in die Gussmatrix ein, so dass auch feinste Konturen wiedergegebn werden.
Verwendung von Wismut und seinen Verbindungen : Wismut und seine Legierungen
  • Niedrigschmelzende Legierungen / Schmelzsicherungen: Wismut bildet mit Zinn, Blei und Cadmium legiert, einige technisch wichtige niedrigschmelzende Legierungen: Das Woodsche Metall (50% Bi, 25% Pb, 12,5% Sn, 12,5% Cd) schmilzt bei 70°C; Roses Metall (50% Bi, 25% Pb, 25% Sn) hat einen Schmelzpunkt von 94°C. Diese Metalllegierungen haben technische Verwendung in Schmelzsicherungen.

  • Munition. Aufgrund der ähnlich hohen spezifischen Dichte wie sein Periodennachbar Blei, kann Wismut als Bleiersatz in der Munitionsherstellung verwendet werden.

  • Permanentmagnete aus Bismanol, einer Legierung von Wismut, Mangan und Eisen. Diese waren vor der Entdeckung von seltenerd-haltigen Permanentmagneten die Stärksten bekannten.

  • Wismutmalerei ist eine Maltechnik, bei der das zu bemalende Objekt zunächst mit einer dünnen Kreideschicht ("Kreidegrund") imprägniert wird. In diese wird in Leim suspendiertes Wismutpulver eingebracht, worauf dann nach dem Trocknen die eigentliche Farbe aufgebracht wird. Die verwendeten Farben dürfen allerdings nicht deckend, sondern halbtransparent sein, wodurch das Wismut der Farbe einen metallischen Glanz verleiht. Diese Technik ist traditionell im süddeutschen (alemannisch-bajuwariwschen) Raum verbreitet.
Wismutverbindungen:
  • Quadrupeltherapie bei Magen- oder Zwöffingerdarmgeschwüren, welche auf den Erreger Helicobacter pylori zurückgeführt werden können. Hierbei werden Bismut(III)salze (z.B. BiONO3, Bi2(SO4)3 u.a.) zusammen mit einem Protonenhemmer (Reduktion der Magensäureproduktion) eingesetzt, um diesen Erreger abzutöten. Hier sind Wismutverbindungen bis heute das am Besten wirkende bisher bekannte Mittel.

  • Perlglanzigment in der Kosmetik: Wismutoxidchlorid (BiOCl) wird als Perlglanzpigment bei der Herstellung von Schminke oder Make-Up verwendet.

  • Gelbpigment Wismut(III)vanadat (BiVO4). Dieses relativ ungiftige Gelbpigment wird dank seiner hohen Verwitterungsbeständigkeit, als Ersatz für die weitaus toxischeren chromathaltigen Gelbpipmente (CHromgelb, Postgelb usw.) verwendet.

Wismut und seine Verwendungsmöglichkeiten

Schmelzsicherungen[4]

Gelbpigment Wismutvanadat[5]

Perlglanzpigment[5]

Biologische Bedeutung von Wismut: Wismut ist eines der wenigen Schwermetalle, dass beim Menschen erst in höchsten Dosen giftig wirkt. Mit der Giftigkeit von Quecksilber, Thallium und Blei ist es nicht vergleichbar. Dagegen wirkt es auf niedere Organismen toxisch, so hat es antiseptische Eigenschaften.

Wismut wird im Magen-Darm-Trakt aufgrund der Bildung schwerlöslicher Verbindungen wie BiOCl und Bi(OH)3 nur schlecht bis überhauot nicht resorbiert, und unverändert ausgeschieden. Sollte es jedoch aufgrund krankhafter Veränderungen zur Resorption kommen, so zeigt es eine dem Quecksilber ähnliche Symptomatik (Wismutsaum an der Mundschleimhaut). Solche Vergiftungen sind jedoch entsprechend selten.

Quellen: [1] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: Rob Lavinsky. Das Bild ist unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz freigegeben.

[2] Bildquelle: Bild einer US-Behörde, welches in Ausübung des Dienstes angefertig wurde. Solche Bilder sind gemeinfrei, wenn es nicht ausdrücklich anders angegeben ist.

[3] Eigenes Bild. Dieses Bild darf unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz frei verwendet werden. Bei Verwendung bitte einen Link auf mein Web-Angebot setzen.

[4] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: Movzx. Das Bild ist von seinem Urheber als Public Domain veröffentlicht worden. Dies gilt weltweit.

[5] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: FK1954. Das Bild ist von seinem Urheber als Public Domain veröffentlicht worden. Dies gilt weltweit.

[6] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: Dblay. Das Bild ist von seinem Urheber als Public Domain veröffentlicht worden. Dies gilt weltweit.