4, Beryllium (Be)

Beryll ist ein Mineral

Das Element Beryllium:

         
  H  
  Li Be B  
  Na Mg Al  
         
 
   
   
   
   
   
   
   
Natürliche Entstehung von Beryllium (Nukleosynthese): Beryllium ist ein recht seltenes Element, sowohl im Universum als auch auf der Erde. Wie bei Lithium und Bor hängt dies damit zusammen, dass bei den natürlichen Kernfusioms-Prozessen innerhalb von Sternen diese Elemente "übersprungen" werden: Nach dem Wasserstoff-Brennen folgt das Helium-Brennen, bei welchem 3 Heliumkerne zu einem Kohlenstoff-Kern (oder 4 He-Kerne zu einem Sauerstoffkern) verschmolzen werden. Tatsächlich tritt das Beryllium-Isotop mit der Massenzahl 8 als extrem kurzlebige Zwischenstufe bei diesem Prozess auf, der aus zwei Helium-4-Kernen entsteht. Dieser wird aber entweder sofort mit einem weiteren He-4-Kern zu Kohlenstoff weiter verschmolzen, oder aber er zerfällt wieder zurück zu zwei freien He-4-Kernen.

Das einzige stabile Isotop des Beryllium ist jenes mit der Massenzahl 9; Beryllium ist das leichteste Reinelement. Es entsteht ausschließlich als Kernbruchstück nach Supernova-Explosionen aus schweren Kernen heraus.
Vorkommen von Beryllium: Im Universum zählt Beryllium dank seiner seltenen Genese als Kernbruchstück zu den seltensten nichtradioaktiven Elementen (Rang 62). Es ist mit 900 ng/kg durchschnittlich in der Materie enthalten und damit so selten wie etwa Iod oder Quecksilber. Irdisch ist es zwar angereichert, die Erdkruste enthält durchschnittlich 2,8 mg/kg des Elementes. Damit ist es etwa so häufig wie Uran oder Zinn.

Das wichtigste Beryllium-Mineral ist der (namensgebende) Beryll (Be3Al2(SiO3)6), aus dem es auch gewonnen werden kann. Daneben kommt es in ca. 30 anderen Mineralien vor, u. a. auch in Bertrandit (2BeSiO3•H2O), dem Smaragd, dem Aquamarin (beide Be3Al2(SiO3)6), Chrysoberyll (BeAl2O4) und anderen.

Beryllium in Mineralien

Aquamarin[1]

Aquamarin[2]

Smaragd[2]
Beryllium-Gewinnung: Das Element wird aus seinen Mineralien durch schwefelsauren Aufschluss gewonnen. Siliciumdioxid fällt dabei sofort aus, während das praktisch stets mit dem Beryllium vergesellschaftete Aluminium mittels Zugabe von Ammoniumsulfat abgetrennt werden muss (es entsteht dabei das schwerlösliche (NH4Al(SO4)2). Nach Abfiltrieren wird die vorliegende Lösung aus Ammoniumberylliumsulfat ((NH4)2Be(SO4)2) mit Ammoniak versetzt, wodurch Berylliumhydroxid (Be(OH)2) ausfällt. Dieses wird abgetrennt und geglüht, wodurch Berylliumoxid entsteht. Dieses setzt man bei 800°C mit Kohle und Chlor zu Berylliumchlorid um, welches man mittels Zusatz von etwas Bariumchlorid der Schmelzelektrolyse unterzieht. (Quelle: Holleman-Wiberg, Lehrbuch der anorganischen Chemie, 102. Auflage, S. 1216)

Eine zweite Möglichkeit besteht darin, die berylliumhaltigen Mineralien mit Flusssäure aufzuschließen. Dabei darf diese nicht im Überschuss zugegeben werden, um die Bildung komplexer Fluoride zu vermeiden: Dabei raucht der Silicium-Anteil als Siliciumtetrafluorid ab, Aluminium- und Berylliumfluorid verbleiben. Anschließend wird die Flusssäure mittels konzentrierter Schwefelsäure wieder in Freiheit gesetzt, und eine Trennung kann nach oben beschriebenem Verfahren erfolgen. Alternativ hierzu kann auch das fraktionierte Fällen der Hydroxide zum Trennen ausgenutzt werden: Zwar sind sowohl Aluminiumhydroxid als auch Berylliumhydroxid amphoter, jedoch ist im pH-Bereich, wo das Berylliumhydroxid auszufallen beginnt, das Aluminiumhydroxid bereits als Tetrahydroxidoaluminat wieder gelöst.

Gleichungen zur Darstellung des Berylliums:

1. Aufschluss von Beryll:

a) Aufschluss mittels Flusssäure:
Be3Al2(SiO3)6 + 36HF → 3BeF2↓ + 2AlF3↓ + 18H2O + 6SiF4
3BeF2 + 2AlF3 + 6H2SO4 → 3BeSO4 + Al2(SO4)3 + 12HF↑

b) Aufschluss mittels Schwefelsäure:
Be3Al2(SiO3)6 + 6H2SO4 → 3BeSO4 + Al2(SO4)3 + 6H2O + 6SiO2

2. Trennung von Aluminium von Beryllium:

a) durch fraktionierende Fällung der Ammonium-Alaune:
3BeSO4 + Al2(SO4)3 + 4(NH4)2SO4 → 3(NH4)2Be(SO4)2 + 2(NH4)Al(SO4)2
(NH4)2Be(SO4)2 + 2NH3 + 2H2O → 2(NH4)2SO4 + Be(OH)2

b) durch Fällung des Berylliumhydroxid:
3BeSO4 + Al2(SO4)3 + 14NaOH → 6Na2SO4 + 2Na[Al(OH)4] + 3Be(OH)2

3. Reduzierende Chlorierung des Berylliumhydroxids:

a) Entwässern durch Glühen:
Be(OH)2 + 7,2 kJ → BeO + H2O↑

b) Reduzierende Chlorierung:
BeO + C + Cl2 + 8,5 kJ → BeCl2 + CO



Chemie von Beryllium: Beryllium ist das erste Homologe der Erdalkalimetallgruppe, und zeigt wie die meisten anderen Startglieder der Hauptgruppenelemente das Phänomen der Schrägbeziehung. Das heißt, Beryllium hat in vielerlei Hinsicht mehr Ähnlichkeit mit dem Aluminium als mit dem Magnesium:
  • Luftbeständigkeit: Wie Aluminium bleibt Beryllium an der Luft dauerhaft blank, weil es sich mit einer kompakten Oxidschicht überzieht. Von kaltem Wasser wird es, genau wie Aluminium nicht angegriffen. Magnesium wir vor allem von feuchter Luft langsam oxidiert, und wird von Wasser langsam angegriffen. Die höheren Homologen der Erdalkaligruppe (Calcium, Strontium, Barium, Radium) sind viel reaktiver; sie reagieren heftig mit Wasser, und werden an der Luft rasch oxidiert.

  • Kovalenzcharakter binärer Verbindungen: Das Berylliumchlorid, -bromid und -iodid sind analog den Aluminiumverbindungen kovalent aufgebaut. So lösen sie sich auch in unpolaren Lösungsmitteln, und ihre Schmelzen leiten den elektrischen Strom nur schlecht. Vergleichbare Magnesiumverbindungen sind dagegen ionisch aufgebaut; d. h. sie lösen sich nicht in unpolaren Lösungsmitteln und ihre Schmelzen leiten den elektrischen Strom sehr gut.

  • Amphoterie des Oxids: Wie Aluminium(oxid) und im Ggs. zum Magnesium(oxid) löst sich Beryllium(oxid) in heißer Natronlauge unter Bildung von löslichem Natriumberyllat (Na2[Be(OH)4]) auf. In Säuren bildet Beryllium(oxid) analog dem Aluminium(oxid) und im Ggs. zum Magnesium(oxid) kovalente bis salzartige Verbindungen, in denen hydratisierte, und hydrolytisch stark gespaltene [Be(H2O)4]2+-Ionen vorliegen. Berylliumsalz-Lösungen reagieren daher wie Aluminiumsalz-Lösungen stark sauer, während Magnesium-Salzlösungen nur schwach sauer reagieren.

  • Komplexchemie: Das Beryllium bildet leichtlösliche Fluorid-Komplexe, genau wie das Aluminium. Magnesium tut dies nicht.
Beryllium liegt in seinen Verbindungen durchweg in der Oxidationsstufe +2 vor, es weist wie alle Elemente der zweiten Periode maximal eine Koordinationszahl von 4 auf.

Berylliumchlorid, BeCl2 ist eine Molekülverbindung, im Ggs. zu MgCl2.
Berylliumfluorid, BeF2 ist wie AlF3 hochpolymer aufgebaut, und in Wasser unter Bildung von BeF3- und BeF+-Ionen etwas löslich.
Berylliumcarbonat, BeCO3 zerfällt bereits bei Zimmertemperatur deutlich in BeO und CO2, so dass dieses nur unter einer CO2-Atmosphäre dauerhaft gelagert werden kann. Magnesiumcarbonat zerfällt dagegen erst oberhalb 650°C, Aluminiumcarbonat ist selbst bei tiefen Temperaturen nicht darstellbar.
Berylliumoxidnitrat, Be4O(NO3)6, ist eines der wenigen Beispiele für vierfach koordinierten Sauerstoff, siehe Strukturmodell unten.

Von kaltem Wasser wird kompaktes Beryllium dank Ausbildung einer Oxidschicht nicht angegriffen; feinverteiltes Beryllium dagegen wird von heißem Wasser unter Wasserstoffentwicklung zu Be(OH)2 umgesetzt. Magnesium wird dagegen unter deutlich alkalischer Reaktion bereits von kaltem Wasser langsam angegriffen. Von verdünnten Säuren und Laugen wird das Metall dagegen recht schnell - ebenfalls unter Wasserstoffentwicklung - gelöst.

Berylliumverbindungen

Berylliumoxidnitrat
Be4O(NO3)6

Berylliumsulfat-Tetrahydrat
BeSO4•4H2O[3]
Physikalische Besonderheiten von Beryllium bzw. von seinen Verbindungen: Halo-Kerne: Das Isotop Be-11 zeigt eine Besonderheit im nuklearen Aufbau: Während 6 Neutronen und 4 Protonen eine feste "Einheit" bilden, umkreist das 7. Neutron diesen Zentralkern. Diese Erscheinung nennt man auch Halokern. In diesem Falle handelt es sich um einen Neutronen-Halokern.
Verwendung von Beryllium und seinen Verbindungen : Da Beryllium und seine Verbindungen stark giftig sind, sind seine Verwendungsmöglichkeiten stark begrenzt.
  • Leichtmetallbau: Dank seines geringen spezifischen Gewichts hat das Beryllium mittlerweile Bedeutung als Legierungsbestandteil im Leichtmetallbau gewonnen (z.B. Berylliumbronze, eine Legierung die vor allem aus Kupfer und Beryllium, nebst einigen anderen Zusätzen besteht).

  • Steuerstäbe: In der Kernreaktortechnik wird elementares Beryllium als Material zur Fertigung von Steuerstäben verwendet, da 9Be einen sehr hohen Neutroneneinfangsquerschnitt (ähnlich hoch wie Hafnium) besitzt.

  • Neutronenquelle: Beryllium setzt bei Beschuss mit Alphateilchen Neutronen frei. Daher verwendet man Legierungen des Berylliums mit Polonium-210 oder Radium-226 als Neutronenquelle:

    9Be + α → 12C + n + 5,70 MeV
Sonstiges: Das Metall erhielt seinen Namen vom Mineral Beryll. Dieser stand ebenfalls Pate für das Wort "Brille", da klare Beryllstücke im Mittelalter als Lupe benutzt wurden.

Im französischen Sprachraum wurde Beryllium als Glucinium bezeichnet, weil seine - stark giftigen und krebserzeugenden - Verbindungen einen süßlichen Geschmack besitzen (griech. glykos = süß).
Quellen: [1] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: Rob Lavinsky. Das Bild ist unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz freigegeben.

[2] Bildquelle: Eigenes Bild, mit freundlicher Genehmigung von Ute Höhlein, Villa Lapis, Hersbruck.

[3] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: W. Oelen. Das Bild ist unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz freigegeben.