81, Thallium (Tl)

gr. thallos = gelbgrüner Zweig

Das Element Thallium:

         
  Cd In Sn  
  Hg Tl Pb  
  Cn Nh Fl  
         
 
   
   
   
   
   
   
   
Natürliche Entstehung von Thallium (Nukleosynthese): Thallium hat zwei stabile Isotope, wobei Tl-203 etwa ein Drittel (29,52%) und Tl-205 etwa zwei Drittel (70,48%) des natürlichen Isotopengemisches ausmachen. Beide Isotope können sowohl infolge von s-Prozessen ist massereichen Roten Riesen oder infolge von p-Prozessen nach Supernova-Explosionen synthetisiert werden. Nach bisherigem Kenntnisstand sind beide Isotope des Thalliums stabil.

Die Thallium-Synthese:
203Tl-Synthese:
(s-, oder r-Prozess)

202Hg + n → 203Tl + β- + 6,49 MeV

56Fe + 147n → 203Tl + 55β- + 1152 MeV

205Tl-Synthese:
(s-, oder r-Prozess)

204Hg + n → 205Tl + β- + 7,20 MeV

56Fe + 149n → 205Tl + 55β- + 1166 MeV



Thallium in den natürlichen Zerfallsreihen: Neben den beiden stabilen Isotopen kommen noch drei weitere infolge des radioaktiven Zerfalls von Uran und Thorium in der Natur vor: Tl-207 entsteht während des Zerfalls von U-235, Tl-208 als Zwischenprodukt der Zerfallskette des Th-232, und Tl-210 als Zerfallsprodukt aus U-238 heraus. Alle diese Thallium-Isotope haben sehr kurze Halbwertszeiten, weswegen sie ausschließlich in Uran- und Thoriumerzen in geringsten Spuren vorkommen. Thallium-205 ist das stabile Endglied der natürlichen (und auf der Erde bis auf das zweitletzte Glied Bi-209 erloschene) Neptunium-Zerfallsreihe, welche beim Np-237 startet.

Die Thallium-Radiogenese:
205Tl-Genese:
(Neptunium-Reihe)

237Np → 205Tl + 8α + 4β- + 49,30 MeV
(Summe aller Zerfälle)

205Tl ist stabil

207Tl-Genese:
(Uran-Actinium-Reihe)

235U → 207Tl + 7α + 3β- + 44,98 MeV
(Summe aller Zerfälle)

207Tl → 207Pb + β- + 1,42 MeV
(T½ = 4,77 min)

208Tl-Genese:
(Thorium-Reihe)

232Th → 208Tl + 6α + 4β- + 37,14 MeV
(Summe aller Zerfälle)

208Tl → 208Pb + β- + 5,00 MeV
(T½ = 3,053 min)

210Tl-Genese:
(Uran-Radium-Reihe)

238U→ 210Tl + 7α + 4β- + 39,07 MeV
(Summe aller Zerfälle)

210Tl → 210Pb + β- + 5,48 MeV
(T½ = 1,3 min)



Vorkommen von Thallium: Thallium ist im Universum ein selten gebildetes Element; die meisten s-Prozesse, infolge deren es gebildet wird, laufen im Endeffekt weiter bis zu Blei oder Wismut. Es findet sich mit durchschnittlich 500 ng/kg in der Materie (Rang 73). Irdisch ist das Thallium etwa um den Faktor 8 angereichert, womit es am Gesamtaufbau der Erde mit ca. 4 μg/kg beteiligt ist (Rang 76). Aufgrund seiner hohen Affinität zu Sauerstoff und Schwefel findet sich jedoch beinahe das gesamte Thallium in der Erdkruste, welche es mit durchschnittlich 0,85 mg/kg beinhaltet (Rang 60).

Mineralische Vorkommen von Thallium. Aufgrund ähnlichen Ionenradius im Vergleich mit Kalium, findet sich die Hauptmenge des Thalliums als dessen Begleiter diffus in Kaliummineralien, welche es bis zu 7 mg/kg enthalten können. Daneben findet es sich, ähnlich seinen beiden leichteren Homologen auch als Begleiter in Silber-, Zink- und Bleierzen, aus denen es zur Deckung des industriellen Bedarfs auch als Nebenprodukt gewonnen wird. Häufiger als Gallium und Indium, finden sich vom Thallium aber auch eigenständige Mineralien, beispielsweise Lorándit (Thalliumarsensulfid, TlAsS2), der Hutchinsonit (Blei-Thallium-Arsen-Mischsulfid, (Tl|Pb)2As5S9) oder der Crookesit (Kupfer-Thallium-Silber-Mischselenid, Cu7(Tl|Ag)Se4).

Wichtige Thallium-haltige Mineralien

Hutchinsonit, (Tl|Pb)2As5S9[1]

Lorándit, TlAsS2[1]


Vorkommen in Lebewesen: Tierische und pflanzliche Nahrungsmittel enthalten in der Regel nicht mehr als 0,1 mg Tl/kg. Dennoch können zum Beispiel Pilze und einige Kohlsorten Thallium bis zu 1 mg/kg akkumulieren.[2]
Thallium-Gewinnung: Thallium wird als Nebenprodukt der Zink-, Silber- und Bleigewinnung aus der Flugasche, oder aus den Thalliummineralien heraus gewonnen. Hierzu werden die Flugaschen mit konzentrierter Schwefelsäure aufgeschlossen. Beim anschließenden Verdünnen mit Wasser fällt der Bleianteil größtenteils als unlösliches Blei(II)sulfat aus. Nach dessen Abtrennung wird das Thallium als Thallium(I)chlorid durch Zuschlag von Kochsalz gefällt. Vom ebenfalls dabei ausfallenden Silber und Quecksilber lässt es sich trennen, in dem man den Chlorid-Niederschlag in Schwefelsäure löst (es entweicht HCl-Dampf), und die Sulfate anschließend nach Einstellen der Lösung auf pH 0 mit Schwefelwasserstoff versetzt. Hierbei fallen Silber(I)sulfid und Quecksilber(II)sulfid aus, nicht jedoch das Thalliumsulfid. Nach Abtrennen der unlöslichen Sulfide kann das Thallium erneut mit Chlorid gefällt und durch oxidatives Rösten des TlCl-Niederschlags Thallium(I)oxid gewonnen werden. Dieses wird dann mittels Zinkpulver zu elementarem (unreinen) Thallium reduziert, welches zu Anodenplatten vergossen wird. Diese werden gegen Reinthalliumkathoden in einer schwefelsauren Thallium(I)sulfat-Lösung elektrolysiert. Dabei verbleiben die unedleren Metalle in Lösung, während sich die edleren als Anodenschlamm abscheiden.

Thallium und seine Gewinnung

Gewinnung von Roh-Thallium[3]

Elektrolyse von Rein-Thallium
aus Roh-Thallium[3]

Elementares Thallium[3]


Chemie von Thallium: Thallium hat die Elektronenkonfiguration [Xe] 6s25d104f146p1. Durch den so genannten Inertpaar-Effekt des 6s-Orbitals, ist die Abgabe dieser beiden Elektronen mit einem hohen Energieaufwand verbunden. Daher ist beim Thallium die Oxidationsstufe +3 nicht sehr stabil; die Verbindungen sind starke Oxidationsmittel. Im Gegensatz zum Aluminium, Gallium und auch Indium ist die Oxidationsstufe +1 in wässriger Lösung bei niedrigen bis nicht zu hohen pH-Werten oxidationsstabil (siehe auch bei Oxidationsverhalten).

Löslichkeitsverhalten. Die Thallium(I)halogenide und -pseudohalogenide ähneln in ihren Löslichkeiten den entsprechenden Silber- bzw. Quecksilber(I)salzen, und sind genau wie diese lichtempfindlich. Thallium(I)salze mit komplexen Anionen (Carbonate, Nitrate, Sulfate, Phosphate usw.) haben Analogien zu entsprechenden Kaliumsalzen. So sind Thallium(I)phosphat, Thallium(I)carbonat und Thallium(I)hydroxid in Wasser leichtlöslich; TlOH ist eine starke Base, die in Wasser fast vollständig dissoziiert ist. Im Endeffekt beruht auch die Giftigkeit der Thalliumverbindugen auf dieser Ähnlichkeit, da sie vom Körper zunächst wie Kaliumverbindungen verstoffwchselt werden, dann aber aufgrund völlig anderer Wirkweise giftig verhalten.

Verhalten an der Luft. Thallium ist an vollkommen trocknener Luft beständig, da es sich mit einer kompakten Oxidschicht überzieht. Da das Oxid jedoch wasserlöslich ist, wird Thallium an feuchter Luft vollständig oxidiert. Beim Erwärmen verbrennt das Metall mit fahlgrüner Flamme zu Thallium(I)oxid (Tl2O).

4Tl + O2 → 2Tl2O + 357,4 kJ


Verhalten gegenüber Wasser, Säuren und Laugen. Gegenüber Wasser, oxidierenden und den meisten nichtoxidierenden Säuren und wässrigen Alkalien ist Thallium unbeständig. Resistent ist es gegenüber verdünnter Schwefelsäure (β(H2SO4 <30%). Gegenüber HCl, HBr und HI verhält es sich aufgrund der Ausbildung einer unlöslichen Halogenid-Schicht indifferent. In anderen Säuren löst es sich unter Bildung von Wasserstoff (nichtoxidierende Säuren, Wasser, wässrige Alkalien) bzw. evtl. gasförmigen Reduktionsprodukten oxidierender Säuren (z.B. Schwefeldioxid aus Schwefelsäure, Stickoxide aus Salpetersäure usw.) auf. Mit geschmolzenen Alkalien werden Thallate(III), mit dem Anion Tl(OH)4- gebildet. Diese zerfallen in Wasser vollständig zu (unlöslichem) Thallium(III)hydroxid und dem entsprechenden Alkalihydroxid. Gerade im alkalischen Bereich sind Tl(III)-Verbindungen besonders reduktionsempfindlich, so dass sich unlösliches Thallium(III)hydroxid zu löslichem Thallium(I)hydroxid umsetzt, wobei Sauerstoff frei wird.

2Tl(OH)3 → 2TlOH + 2H2O + O2


Verhalten gegenüber Halogenen und Schwefel. Mit Fluor reagiert Thallium bereits bei Raumtemperatur zu Thallium(III)fluorid. Dieses zerfällt bei Erwärmen auf über 550°C zu Thallium(I)fluorid und elementarem Fluor. Daher kann es zur Fluorierung bei erhöhten Temperaturen verwendet werden. Mit Chlor, Brom und Iod reagiert das unedle Metall bei gelindem Erwärmen mit grünen Flammenerscheinungen zu den entsprechenden Thallium(I)halogeniden. Unter den Thallium(III)halogeniden ist außer dem Fluorid nur noch das Chlorid zugänglich, welches sich jedoch bereits oberhalb 37°C zu Thallium(I)chlorid und elementarem Chlor zersetzt. Mit Blausäure (HCN), Thiocyansäure (HSCN) und Cyansäure (HOCN) sind entsprechend Thallium(I)pseudohalogenide zugänglich, welche in Wasser ebenfalls schwerlöslich sind. Mit Stickstoffwasserstoffsäure entsteht das stoß- und schlagempfindliche Thallium(I)azid (TlN3). Mit Schwefel bildet sich beim Erwärmen schwarzes Thallium(I)sulfid (Tl2S); welches gleichsam auch beim Einleiten von Schwefelwasserstoff in eine Thallium(I)salzlösung ausfällt.

Komplexverbindungen. Die Komplexchemie ist beim Thallium nur wenig ausgeprägt. So bilden Thallium(I)-Ionen beispielsweise keine stabilen Dihalogenido-Komplexe, Thallium(III)-Ionen keine stabilen Tetrahalogenido-Komplexe.
Physikalische Besonderheiten von Thallium bzw. von seinen Verbindungen: Thallium und seine Verbindungen zeigen bei energetischer Anregung eine gelbgrüne Flammenfärbung (535,0 nm). Auf dieser Wellenlänge kann das Element auch durch Atomabsorptionsspektrometrie quantitativ bestimmt werden.


Flammenfärbung von Thallium[3]
Verwendung von Thallium und seinen Verbindungen : Wegen seiner Giftigkeit ist die Verwendung von Thallium bzw. seiner Verbindungen heute auf solche Anwendungen beschränkt, in denen es nicht durch andere Stoffe ersetzt werden kann.

Thallium und seine Legierungen:
  • Thermometerfüllungen. Das Thalliumamalgam (Eutektische Legierung aus Thallium und Quecksilber) schmilzt bereits bei -58°C.

  • Der Supraleiter mit der Zusammensetzung Hg12Tl3Ba30Ca30Cu45O127 hat mit 138 K die derzeit (2012, September) höchste bekannte Sprungtemperatur.
Thalliumverbindungen:
  • Thallium(I)sulfat wurde bis 1982 unter dem Handelsnamen Zelio als Rattengift verwendet. Diese Verwendung wurde jedoch aufgrund seiner starken Giftigkeit verboten.

  • Wismut-Thallium-Gläser haben ein sehr starkes Lichtbrechungsvermögen (hoher Brechungsindex), weswegen aus ihnen Kunstgegenstände gefertigt wurden, die sich durch ein besonders schönes Farbenspiel beim Anstrahlen auszeichneten. Heute wird sich diese Eigenschaft nur noch bei optischen Systemen (Linsen) zunutze gemacht, da auch solche Gläser giftig sein können.

  • Pyrotechnik. Aufgrund seiner Flammenfärbung wurden früher Feuerwerkskörper zur Erzeugung grüner Farbspiele mit Thallium(I)nitrat versehen. Hier werden stattdessen weniger giftige Kupfer-, Barium- oder Borverbindungen verwendet.

  • Mineralogie: Clerici-Lösung ist eine Lösung aus Thalliummalonat und Thalliumformiat, mit einer Dichte von 4,3 g/cm3. Mittels dieser Lösung können Mineralien voneinander getrennt werden, indem man diese Lösung mit Wasser so verdünnt, dass ein mineralisches Gemisch in eine leichte und eine schwere Fraktion getrennt werden können.

Biologische Bedeutung von Thallium: (aus der Wikipedia, gekürzt)

Thallium und thalliumhaltige Verbindungen sind hochgiftig und müssen mit größter Vorsicht gehandhabt werden.

Die tödliche Dosis für Erwachsene beträgt ca. 10 mg/kg Körpergewicht.

Die akute Vergiftung verläuft in vier Phasen:
  • Erste Phase: Diese verläuft relativ allgemeinsymptomatisch mit sich abwechselnden Durchfällen und Verstopfungen. In dieser Phase sind bereits Veränderungen der Haarwurzeln zu erkennen, die dann meist mit dem 13. Tag in den für eine Thalliumvergiftung typischen Haarausfall an bestimmten Körperstellen in unterschiedlicher Ausprägung übergeht.

  • Zweite Phase: Es stellen sich neurologische und psychische Veränderungen ein, die sich als übermäßige Schmerzwahrnehmung an peripheren Körperteilen bemerkbar machen.

  • Dritte Phase: Die Vergiftung kulminiert nach dem 10. Tag der Inkorporation. Es stellen sich schwere Sehstörungen ein, die durch die Lähmung der entsprechenden Hirnnerven bewirkt werden. Die erhöhte Herzaktivität (Tachykardie) erklärt sich durch Einwirkung des Thalliums auf die Erregungsbildung des Sinusknotens und auf die Erregungsweiterleitung, die durch die daraus resultierenden Herzrhythmusstörungen in die letal verlaufende Tl-Vergiftung mündet. Übersteht der Patient die dritte Woche nach Inkorporation, so sinkt die Wahrscheinlichkeit eines letalen Ausganges.

  • Vierte Phase (Spätphase): Hier zeigen sich meist irreversible Schäden an Nervenfortleitungen der unteren Körperteile, gestörte Reflexe und Muskelschwund. Es kann eine dauerhaft herabgesetzte geistige Leistungsfähigkeit zurück bleiben. Die Körperbehaarung entwickelt sich nach wenigen Monaten wieder neu.
Chronische Vergiftung: Geringere Mengen führen zu einer chronischen Vergiftung, die längere Zeit unerkannt bleiben kann (eventuell sind Mees-Nagelbänder zu beobachten), dies weist dann allerdings meist auf eine beabsichtigte Vergiftung hin, da eine natürliche Aufnahme toxischer Mengen kaum gegeben ist.[2]
Quellen: [1] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: Rob Lavinsky. Das Bild ist unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz freigegeben.

[2] Textquelle: Wikipedia. Artikel: Thallium. Abschnitt: Toxizität.

[3] Eigenes Bild. Dieses Bild darf unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz frei verwendet werden. Bei Verwendung bitte einen Link auf mein Web-Angebot setzen.