72, Hafnium (Hf)

lat. hafnia = Kopenhagen

Das Element Hafnium:

         
  Y Zr Nb  
  Lu Hf Ta  
  Lr Rf Db  
         
 
   
   
   
   
   
   
   
Natürliche Entstehung von Hafnium (Nukleosynthese): Die Hafnium-Isotope 177, 178, 179 und 180 werden während und nach Supernova-Explosionen durch r-Prozesse durch sukzessiven Neutroneneinfang aus Fe-56 gebildet. In Roten Riesensternen werden alle Hafnium-Isotope mit Ausnahme von Hf-174 durch sukzessiven Neutroneneinfang aus Lu-175 gebildet (s-Prozesse).

Die Entstehung des Isotops Hf-174 kann dagegen nur durch einen γ-Prozess aus Yb-174 erklärt werden. Alle Hf-Isotope haben relativ hohe Neutroneneinfangquerschnitte, weswegen daher das schwerste stabile Isotop, Hf-180, zugleich auch das häufigste ist. Etwas seltener ist das zweitschwerste Isotop mit gerader Nukleonenzahl, das Hf-178. Dies bedeutet, dass ein Großteil der anderen primordial gebildeten Isotope (mit Ausnahme von Hf-174) zu Hf-178 und Hf-180 weiter reagieren.

Ein sehr geringer Anteil von Hf-176 entsteht durch β--Zerfall von Lu-176 (t½~37,6 Mrd. Jahre), durch 2β--Zerfall von Yb-176 (t½~160 Brd. Jahre), bzw. aus α-Zerfällen von W-180 heraus. Ebenso entstehen geringe Mengen Hf-178 durch α-Zerfall aus W-182, Hf-179 aus W-183 und Hf-180 aus W-184 heraus.

Die Hafnium-Synthese:
174Hf-Synthese:
(γ-Prozess:)

174Yb + 1,10 MeV → 174Hf + 2β-

176Hf-Synthese:
(nur s-Prozess):

175Lu + n → 176Hf + β- + 7,48 MeV

177Hf-Synthese:
(s-,r-Prozesse):

176Hf + n → 177Hf + 6,38 MeV

56Fe + 121n → 177Hf + 46β- + 969 MeV

178Hf-Synthese:
(s-,r-Prozesse):

177Hf + n → 178Hf + 7,63 MeV

56Fe + 122n → 178Hf + 46β- + 977 MeV

179Hf-Synthese:
(s-,r-Prozesse):

178Hf + n → 179Hf + 6,10 MeV

56Fe + 123n → 179Hf + 46β- + 983 MeV

180Hf-Synthese:
(s-,r-Prozesse):

179Hf + n → 180Hf + 7,39 MeV

56Fe + 124n → 180Hf + 46β- + 990 MeV


Das natürliche Isotopengemisch des Elements setzt sich wie folgt zusammen: Hf-174: 0,16%; Hf-176: 5,26%; Hf-177: 18,6%; Hf-178: 27,3%; Hf-179: 13,6%; Hf-180: 35,1%. Hf-174 zerfällt mit extrem langer Halbwertszeit von 2 Billiarden Jahren unter α-Emission zu Yb-170.

174Hf → 170Yb + α + 2,50 MeV
Vorkommen von Hafnium: Hafnium kommt im Universum durchschnittlich zu 700 ng/kg in der Materie vor. Es steht in der Häufigkeitsskala an 67. Stelle, knapp vor den Elementen Silber und Gold.

Irdisch kommt es, wie alle Metalle, in angereicherter Form vor: Es ist am Aufbau der Erdkruste mit durchschnittlich 3 mg/kg beteiligt; in der Rangfolge belegt es den 47. Platz. Damit ist es immer noch deutlich häufiger zu finden, als beispielsweise Silber, jedoch seltener als Blei, Bor oder Thorium.

Hafnium bildet keine eigenen Mineralien, sondern kommt ausnahmslos vergesellschaftet mit dem Zirconium vor. In dessen Mineralien hat es einen Anteil von 1 bis 5% bezogen auf den Zr-Gehalt. In manchen Zirkon-Varietäten kann der Hafniumanteil den Zirconiumanteil überwiegen (bis zu 30% Hf in der Gesamtmasse).

Die wichtigsten Zirconium-Mineralien

Zirkon, (Zr|Hf)SiO4[1]

Baddeleyit (Zr|Hf)O2[2]
Hafnium-Gewinnung: Das Hafnium fällt als Nebenprodukt bei der Zirconiumgewinnung für kerntechnische Zwecke an: Da alle Hafniumisotope vergleichsweise hohe Neutroneneinfangquerschnitte aufweisen (Das Isotop Hf-177 hat mit 377 barn den höchsten), Zirconium aber in der Legierung Zircaloy als Hüllmaterial für Kernbrennstäbe Verwendung findet, muss das Hafnium daraus vollständig entfernt werden.

Aufschluss von Alvit, Zircon oder Baddeleyit. Zunächst wird hierzu das hafniumhaltige Zirconium-Mineral mit Natriumhydroxid aufgeschlossen. Dabei entsteht ein Gemisch aus Natriumsilicat, Natriumzirconat und Natriumhafniat. Nach Lösen in Wasser fallen Zirconiumdioxid und Hafniumdioxid aus, während Natriumsilicat in der Lösung verbleibt. Die beiden Oxide werden abgetrennt (Filtration) und geglüht. Zur Abtrennung des Hafnium-Anteils werden die Oxide nun entweder in rauchender Salpetersäre oder in Thiocyansäure gelöst, wobei entsprechend die Nitrate oder die Thiocyanate des Zirconiums und des Hafniums entstehen. Diese trennt man nun entweder mittels fraktionierender Kristallisation in geeigneten Lösemitteln oder über Absorption an Ionenaustauschharzen und anschließender separierender Eluation in eine Hafniumfraktion und eine Zirconiumfraktion auf. Aus den nun separat vorliegenden Verbindungen werden durch Glühen (im Falle von Thiocyanat im Sauerstoffstrom) wieder Oxide. Diese werden mittels Kroll-Prozess und anschließendem Van-Arkel-de-Boer-Verfahren jeweils zu hochreinem Hafnium bzw. Zirconium reduziert und gereinigt.

Hafnium-Darstellung aus Zr-Mineralien:

1. Aufschluss des Zircons/Alvits:
(Zr|Hf)SiO4 + 4NaOH → Na2(Zr|Hf)O3 + Na2SiO3 + 2H2O↑

2. Ausfällung der Oxide durch Hydrolyse des Aufschlusses:
Na2(Zr|Hf)O3 + H2O → 2NaOH + (Zr|Hf)O2

3. Lösen des Oxidgemisches in Salpeter- oder Thiocyansäure:
(Zr|Hf)O2 + 4HNO3 → (Zr|Hf)(NO3)4 + 2H2O
(Zr|Hf)O2 + 4HSCN → (Zr|Hf)(SCN)4 + 2H2O

4. Glühen der separierten Verbindungen zurück zu den Oxiden:
Zr(NO3)4 + E → ZrO2 + 4NO2↑ + O2
Hf(NO3)4 + E → HfO2 + 4NO2↑ + O2

Zr(SCN)4 + 9O2 → ZrO2 + 4SO2↑ + 4CO2
Hf(SCN)4 + 9O2 → HfO2 + 4SO2↑ + 4CO2

5. Kroll-Prozess:
HfO2 + 2Cl2 + 2C → HfCl4 + 2CO↑
HfCl4 + 2Mg → Hf↓ + 2MgCl2

6. Van-Arkel-de-Boer-Prozess:
Hf + 2I2 + E(~600°C) → HfI4
HfI4 + E(~1.300°C) → Hf + 2I2

Darstellung des Hafniums

Schema: Hafnium-Gewinnung[3]

Schema Kroll-Prozess[3]

Schema
Van-Arkel-de-Boer-Prozess[3]


Chemie von Hafnium: Die Chemie des Hafniums ist beinahe mit jener des Zirconiums identisch. So betätigt es gleich jenem bevorzugt die Oxidationsstufe +4. Daneben sind auch Verbindungen in der Oxidationsstufe +3 bekannt, welche jedoch in wässriger Lösung nicht beständig ist, bzw. stark reduzierend wirkt. Hafnium(III)-Verbindungen sind allgemein schwerer darstellbar als analoge Zirconium(III)-Verbindungen. Hafnium ist etwas unedeler als Zirconium: Während das Potential für beide Metalle bei pH 0 -1,55 V gegen eine Normalwasserstoff-Elektrode betragen, ist das Normalpotential bei pH 14 mit -2,50 V für Hafnium um 0,14V tiefer als für Zirconium. Gleich jenem ist es aber dank kompakter Oxidschicht passiviert.

Reaktionen in Wasser, Säuren und Laugen. Hafnium wird weder von Wasser noch von Wasserdampf angegriffen. Bei Raumtemperatur hält es Sären mit Ausnahme von konz. Schwefelsäure, Flusssäure und Königswasser stand. In der Hitze wird es von stärkerer Salpetersäure angegriffen. Es existieren salzartige Verbindungen des Hafniums mit einem Hf(H2O)84+-Ion, welches im stark sauren Bereich auch in wässriger Lösung beständig ist. Insgesamt sind Hafnium(IV)salze auch minimal weniger hydrolytisch gespalten als die entsprechenden Zirconium(IV)salzen. Mit wässrigen Alkalien findet keine Reaktion statt; beim Zusammenschmelzen von Hafnium oder Hafnium(IV)oxid mit Alkalien können den Zirconaten(IV) analoge Hafniate(IV) dargestellt werden (Anionen HfO32-, HfO44-). Diese Hafniate zersetzen sich in Wasser vollständig zu Alkalihydroxid und Hafnium(IV)oxid.

Reaktionen an der Luft: Hafnium ist bei Raumtemperatur beständig gegen Sauerstoff und Stickstoff. Bei erhöhter Temperatur oder Druck verbrennt es jedoch in Sauerstoff zu Hafnium(IV)oxid, bei Anwesenheit von Stickstoff wird dann auch Hafniumnitrid, HfN gebildet. Die Reaktionen sind noch etwas stärker exotherm als im Vergleich mit denen beim Zirconium.

Hf + O2 → HfO2 + 1145 kJ
2Hf + N2 → 2HfN + E


Reaktionen mit Nichtmetallen: Bei Raumtemperatur reagiert Hafnium nur mit elementarem Fluor, wobei es unter Feuererscheinung auch in kompakter Form zu Hafnium(IV)fluorid verbrennt. Mit den anderen Halogen (Chlor, Brom, Iod) reagiert es bei erhöhter Temperatur in exothermer Reaktion zu den entsprechenden Hafniumtetrahalogeniden. Das Hafniumiodid spaltet sich dabei oberhalb 1200°C wieder in die Elemente, was man sich zur Reinigung von Hafnium zunutze macht. Im Unterschied zum Zirconium lässt sich Hafnium(IV)chlorid mit Hafnium nicht zu Hafnium(III)chlorid reduzieren. Mit Schwefel und Phosphor werden beim Erhitzen eher ionisch aufgebaute Sulfide (HfS2) und Phosphide (HfP).

Hafniumsalze: Wie Zirconium bildet auch Hafnium zwei Reihen von Salzen, neutrale (Hf4+) und basische (HfO2+). Im Falle der Nitrate, Sulfate und Chloride sind diese gut in Wasser löslich, etwas besser als die entsprechenden Zirconiumsalze. Das Hafniumphosphat ist ähnlich schwer löslich wie das Zirconiumphosphat.

Zirkonium und Hafnium: Zirconium und Hafnium sind sich untereinander so ähnlich, dass sie erst 1924 voneinander getrennt werden konnten. Diese Unterschiede beruhen auf dem Effekt der Lanthanoiden-Kontraktion, wobei das Atomvolumen dank der eingebauten 4f-Elektronen so stark sinkt, dass die Entfernung der 5d-Elektronen vom Hafnium-Kern ähnlich groß ist wie jene der 4d-Elektronen vom Zirkonium-Kern. Daher verhält sich Hafnium bei fast doppelter Dichte ganz ähnlich wie Zirconium. Einige wenige Unterschiede der beiden Elemente in der Chemie sind folgende:
  • Hafniumchlorid lässt sich im Unterschied zum Zirconiumchlorid (und auch Titanchlorid) bei erhöhter Temperatur nicht zu Hafnium(III)chlorid reduzieren.

  • Hafniumdioxid ist etwas stärker basisch als Zirconiumdioxid.

  • Die Löslichkeiten komplexer Verbindungen der beiden Metalle unterscheiden sich stellenweise merklich voneinander: So ist Ammoniumhexafluoridozirconat(IV) mit rd. 240 g/L löslich; Ammoniumhexafluoridohafnat dagegen mit 460 g/L. Diesen Umstand machte sich der Entdecker des Hafniums zunutze, um die beiden Metalle durch mühsame fraktionierende Kristallisation voneinander zu trennen.
Physikalische Besonderheiten von Hafnium bzw. von seinen Verbindungen: Die Carbide des Hafniums: Hafniumcarbid, HfC schmilzt erst oberhalb 3890°C. Noch höher, nämlich bei 4215°C schmilzt das Tantalhafniumcarbid, Ta4HfC5. Zusammen mit Tantalcarbid, TaC, welches einen Schmelzpunkt von 3880°C hat, stellen diese drei Verbindungen bisher die Superlative bezüglich Temperaturbeständigkeit dar.[4]
Verwendung von Hafnium und seinen Verbindungen : Hafnium und seine Legierungen:
  • Steuerstäbe für Kernreaktoren werden aus Hafnium oder einer Hafniumlegierung gefertigt: Alle Hafnium-Isotope haben hohe Neutroneneinfangquerschnitte, und zudem ist Hafnium recht gut korrosionsbeständig. Hafnium fällt ohnehin bei Herstellung von Hüllmaterialien für Kernbrennstäbe als Nebenprodukt an.

  • Härtender Legierungszusatz. In Legierungen mit Metallen wie Niob, Tantal, Molybdän und Wolfram wirkt ein Zusatz von 2 % Hafnium festigkeitssteigernd. Es entstehen besonders stabile, hochschmelzende und hitzebeständige Werkstoffe.[5]

  • Elektrodenköpfe für Plasmabrenner. Hafnium gibt bereits bei geringer energetischer Anregung Elektronen an die Luft ab. Dies macht es, zusammen mit seinen ohnehin guten thermischen und korrosionsbeständigen Eigenschaften zu einem idealen Material, um Elektrodenköpfe für Plasma-Erzeugung herzustellen.[6]

  • Computerchips. Eine neue Generation von Computerchips verwendet Hafnium statt Silicium, wodurch höhere Arbeitsgeschwindigkeiten erzielt werden können.[6]
Verwendung von Hafnium, Legierungen und Verbindungen

Computerchip[7]

Plasma in einer Gasentladungsröhre[8]

Kernbrennstab[9]


Biologische Bedeutung von Hafnium: Hafnium hat keine bekannten biologischen Funktionen, ist aber auch nicht toxisch.
Sonstiges: In der Tabelle sind einige Eigenschaften zwischen Zirconium und Hafnium vergleichend gegenüber gestellt:

CHEMISCHE EIGENSCHAFTEN Zr Hf
Metall-Atomradius (KZ6) 1,59 Å 1,56 Å
Ionenradius (+4, Shannon, KZ6) 0,86 Å 0,85 Å
Elektronenkonfiguration (Kr)5s24d2 (Xe)6s24f145d2
1. Ionisierungenergie 6,64 eV 6,83 eV
Elektronegativität (Allred-Rochow) 1,22 1,23
Normalpotenzial (E/EO2, sauer) -1,55 V -1,55 V
pKs-Wert Me(H2O)84+ + H2O Me(H2O)7(OH)3+ + H3O+ -0,32 -0,12
Bildungsenthalpie EO2: -1101 kJ/mol -1145 kJ/mol
 
PHYSIKALISCHE EIGENSCHAFTEN Zr Hf
Atommasse: 91,224 u 178,49 u
Dichte (ρ, 20°C) 6,51 g/cm3 13,28 g/cm3
Molvolumen (20°C) 14,01 cm3 13,44 cm3
Schmelzpunkt / Siedepunkt: 1852°C / 4409°C 2233°C / 4603°C
Kristallsystem (20°C): hexagonal hexagonal
Kristallsystem (Schmelzpunkt): kubisch-raumzentriert kubisch-raumzentriert
Umwandlungspunkt zwischen beiden Kristallsystemen: 863°C 1740°C
Vickershärte: 903 MPa 1760 MPa
Quellen: [1] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: Rob Lavinsky. Das Bild ist unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz freigegeben.

[2] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: David Dyet. Das Bild wurde vom Urheber als gemeinfrei veröffentlicht.

[3] Eigenes Bild. Dieses Bild darf unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz frei verwendet werden. Bei Verwendung bitte einen Link auf mein Web-Angebot setzen.

[4] Wikipedia. Artikel: Tantalcarbid, Hafniumcarbid, Tantalhafniumcarbid.

[5] Wikipedia. Artikel: Hafnium. Absatz: Verwendung.

[6] Schweizerische Metallhandels AG.

[7] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: Luestling. Das Bild wurde vom Urheber als gemeinfrei veröffentlicht.

[8] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: Gerd Domrath. Das Bild wurde vom Urheber als gemeinfrei veröffentlicht.

[9] Bildquelle: Bild einer US-Behörde, welches in Ausübung des Dienstes angefertig wurde. Solche Bilder sind gemeinfrei, wenn es nicht ausdrücklich anders angegeben ist.