104, Rutherfordium (Rf)

Ernest Rutherford (neuseeländisch-engl. Atomphysiker)

Das Element Rutherfordium:

         
  Lu Hf Ta  
  Lr Rf Db  
   
         
 
   
   
   
   
   
   
   
Natürliche Entstehung von Rutherfordium (Nukleosynthese): Primordial wird Rutherfordium nur kurzzeitig durch Fusion größerer Kerne unmittelbar nach Supernova-Explosionen gebildet. Eine Bildung durch r-Prozesse aus leichteren Elementen ist vielleicht gerade noch möglich; die meisten Kerne mit Massenzahlen von deutlich über 250 werden bei Neutroneneinfängen jedoch spontan gespalten (Spontan Fission). Größere Mengen an Rutherfordium-Atomen werden daher nicht auf diesem Wege gebildet werden können.
Vorkommen von Rutherfordium: Rutherfordium kommt primordial gebildet im Universum nur unmittelbar nach Supernova-Explosionen sehr kurzzeitig vor. Dabei zerfallen auch die langlebigsten Isotope binnen einiger Stunden vollständig zu leichteren Elementen, im Endeffekt aber zu Blei und Thallium.

Irdisch kommt das Element demgemäss nicht vor. Die einzigen Vorkommen sind die kurzzeitig synthetisch zugänglichen Atome, die in den Kernforschungszentren erzeugt werden. So erhielt beispielsweise das Team um Albert Ghiorso bei den Versuchen zur Erzeugung von Rutherfordium 1970 eine Menge von einigen Hundert Atomen, mit denen Experimente durchgeführt werden konnten. Von diesem Element sind also derzeit keine wägbaren Mengen zugänglich.[2]
Rutherfordium-Gewinnung: Rutherfordium ist somit nur künstlich zugänglich. Folgende Synthesen die zu Rutherfordium führen, sind zurzeit (2011, Dezember) bekannt:[1]

Isotop Reaktion Wann Isotop Reaktion Wann
253Rf 204Pb + 50Ti + 178 MeV → 253Rf + n 1994 261Rf 248Cm + 18O + 75 MeV → 261Rf + 5n 1970
254Rf 206Pb + 50Ti + 185 MeV → 254Rf + 2n 1994 262Rf 244Pu + 22Ne + 82,9 MeV → 262Rf + 4n 1996
255Rf 207Pb + 50Ti + 184 MeV → 255Rf + 2n 1974 263Rf 263Db + e-263Rf + 2,274 MeV 1999
256Rf 208Pb + 50Ti + 184 MeV → 256Rf + 2n 1974 264Rf Bisher keine Reaktion bekannt --
257Rf 249Cf + 12C + 58,5 MeV → 257Rf + 4n 1969 265Rf 269Sg → 265Rf + α + 8,81 MeV 2010
258Rf 249Cf + 13C + 55,8 MeV → 258Rf + 4n 1969 266Rf 266Db + e-266Rf + 2,86 MeV 2007 (?)
259Rf 249Cf + 13C + 49,8 MeV → 259Rf + 3n 1969 267Rf 271Sg → 267Rf + α + 8,70 MeV 2004
260Rf 248Cm + 16O + 68,8 MeV → 260Rf + 4n 1969 268Rf 268Db + e-268Rf + 1,68 MeV 2004 (?)

Chemie von Rutherfordium: Aus Experimenten mit Nano-Mengen hat man einige, wenige Erkenntnisse über die Rutherfordium-Chemie gewinnen können:

Rutherfordium als Homologes der Titangruppe: Es verhält sich so, wie man es von einem Mitglied der Titan-Gruppe erwarten würde, da es in seinen Verbindungen die Oxidationsstufe +4 betätigt. So lässt sich mit Tantal- oder Niobchlorid ein flüchtiges Chlorid darstellen, über welches der Nachweis des Elements auch erstmals gelang. Mit Halogenid-Ionen werden Komplexe der Form RfX62- gebildet, was einem analogen Verhalten zu Zirconium und Rutherfordium entspricht. Wird statt einer Halogenwasserstoffsäure ein Alkalihalogenid vorgelegt, so lassen sich Verbindungen der Form MeI2[RfX6] nachweisen. Wie Zirconium und Hafnium bildet auch Rutherfordium zwei Reihen von Salzen; neben den neutralen mit dem Ion Rf4+ sind auch Verbindungen mit RfO2+ "darstellbar".

Verwandtschaft zum Thorium: Berechnungen zeigen, dass auch eine Verwandtschaft mit dem Thorium bestehen muss: So wird vermutet, dass Rf4+ bedeutend stärker basisch als Hf4+ ist, und demgemäß schwächer hydrolytisch gespalten ist (Die auf der Seite "Säure-Base-Verhalten" angegebenen Hydrolysekonstanten sind berechnete Werte). Berechnungen zufolge soll das Normalpotential für die Reaktion Rf + 2H2O → RfO2 + 4H+ ca. -1,85V im sauren Bereich betragen. Dieser Wert wäre bedeutend negativer als bei den analogen Potenziale von Zirconium und Hafnium (beide -1,55 V), jedoch durchaus mit dem von Thorium (-1,83 V) vergleichbar. Eine Oxidationsstufe +3 wird bei Rutherfordium darstellbar sein, sie wirkt jedoch bedeutend stärker reduzierend als jene des Thoriums.

Ausblick: Mit den Nukliden Rf-266 und Rf-268 sind erstmals zwei Isotope des Elements entdeckt worden, deren Halbwertzeit im Bereich mehrerer Stunden liegt. Somit kann es eines Tages möglich werden, mit entsprechendem Equipment wägbare Mengen des Elementes herzustellen.
Verwendung von Rutherfordium und seinen Verbindungen : Aufgrund der kurzen Halbwertzeiten und schweren Zugänglichkeit ist es nicht zu erwarten, dass Rutherfordium irgend eine technische Bedeutung über jene der Grundlage zur Synthese schwerer Kerne hinaus erlangen wird.
Quellen: [1] Wikipedia, English. Artikel: Rutherfordium. Absatz: Isotopes. Die Energie-Inhalte der Reaktionen wurden selbst errechnet.

[2] Brillante Denker, Kühne Pioniere: Zehn bahnbrechende Entdeckungen (ISBN 978-3-527-31680-0). Kapitel: Ein Element nach dem anderen. Seite 93ff.