8, Sauerstoff (O)

Oxygenium, gr. oxys = Säure, gr. gennan = bilden; Säurebildner

Das Element Sauerstoff:

         
   
  N O F  
  P S Cl  
         
 
   
   
   
   
   
   
   
Natürliche Entstehung von Sauerstoff (Nukleosynthese): Sauerstoff ist im Universum nach Wasserstoff und Helium das dritthäufigste Element. Dies liegt daran, dass das Isotop 16O gleich bei mehreren Fusionsprozessen in nicht unwesentlichen Mengen gebildet wird: Beim Heliumbrennen (3α-Prozess) und beim Kohlenstoffbrennen entsteht O-16 durch Fusion von primär gebildetem C-12 mit einem weiteren Helium-Kern. Daneben entsteht auch beim Neonbrennen durch energetische Anregung von Neon-20 ebenfalls Sauerstoff-16 (unter α-Zerfall) als Hauptprodukt.

Aus O-16 können durch p-Prozesse O-17 und O-18 gebildet werden. Konkurrierend laufen jedoch (p,α)-Reaktionen mit O-17 und O-18 ab, die zu N-14 und N-15 führen. Daher werden die meisten O-17 und O-18-Kerne wieder zerstört, weswegen im Endeffekt von 100.000 Sauerstoffatomen 99.762 O-16-Kerne, aber nur 38 O-17-Kerne und 200 O-18-Kerne sind.

Bildung von O-16
(Kohlenstoffbrennen, Neonbrennen)

12C + 4He → 16O + 6,581 MeV

20Ne + 4,723 MeV →16O + 4He
Bildung von O-17, O-18
(p-Prozesse)

16O + p → 17F + 0,60 MeV
17F → 17O + β+ + 2,76 MeV

17O + p → 18F + 5,61 MeV
18F → 18O + β+ + 0,632 MeV
Abbau von O-17, O-18
(p,α-Prozesse)

17O + p → 14N + α + 1,19 MeV
18O + p → 15N + α + 3,98 MeV


Durch s-Prozesse nach Supernova-Explosionen werden keine nennenswerten Mengen an O-17 oder O-18 gebildet, da der Neutroneneinfangquerschnitt von O-16 mit 1,78•10-4 barn äußerst gering ist.
Vorkommen von Sauerstoff: Auf der Erde ist Sauerstoff das mit Abstand häufigste Element, da es sich mit den meisten anderen Elementen chemisch verbindet. Trockene Luft der Atmosphäre der Erde besteht zu 20,942 Volumenprozent (23,136 Massenprozent) aus biatomarem Sauerstoff (Disauerstoff, O2). Bei Gewittern wird aus Disauerstoff die zweite natürlich vorkommende Modifikation, das Ozon (Trisauerstoff, O3) gebildet. Diese ist nur metastabil, und zerfällt wieder zu Disauerstoff. Die Erdkruste besteht zu 75,2% aus Siliciumdioxid (SiO2), der Anteil von Sauerstoff im gesamten Aufbau der Erde (inklusive Erdmantel und -kern) liegt bei schätzungsweise 32,4%. Er ist in praktisch allen Gesteinsarten gebunden enthalten. Die häufigsten Gesteine sind die Feldspate.

Wichtige Sauerstoffverbindungen

Bergkristall (SiO2)[1]

Brauneisenstein (Fe2O3)[1]

Eiskristalle (H2O)[1]


Bei hohen Drücken (oberhalb 10 GPa) existiert eine rote Modifikation (O8), die sich strukturell allerdings vom homologen Schwefel unterscheidet. Bei noch höheren Drücken (oberhalb 96 GPa) wandelt diese sich dann in metallischen Sauerstoff um. Man vermutet, dass der Sauerstoff in dieser Form im Inneren der Gasplaneten Jupiter und Saturn vorkommt.
Sauerstoff-Gewinnung: Disauerstoff wird gleich dem Stickstoff großtechnisch im Linde-Verfahren (Luftverflüssigung) mit anschließender fraktionierender Destillation gewonnen. Ozon wird großtechnisch mittels einem Elektrophorese-Ozonerzeuger aus Luftsauerstoff bei tiefen Temperaturen und einer stillen elektrischen Entladung hergestellt.

Im Labormaßstab kann man Disauerstoff durch Zersetzung von Kaliumpermanganat mit Wasserstoffperoxid gewinnen:

2 KMnO4 + H2O2 → 2 KOH + 2 MnO2 + 2 O2↑ + 24,6 kJ


Weitere Substanzen im Labor, die Sauerstoff abgeben sind etwa Kaliumpermanganat, Wasserstoffperoxid, Kalium(per)chlorat.

3 KMnO4 → K2MnO4 + MnO2 + O2


Ozon lässt sich durch Einwirkung von konzentrierter Schwefelsäure auf Kaliumpermanganat gewinnen. Primär wird in dieser Reaktion durch die Permangansäure gebildet, die von weiterer Schwefelsäure zu Mangan(VII)oxid (Mn2O7) entwässert wird. Da dies mit einer Temperaturerhöhung verbunden ist, zerfällt das Mangan(VII)oxid zu Braunstein und naszierendem, atomaren Sauerstoff, der sofort zu Ozon (neben etwas Disauerstoff) weiter reagiert. Diese Darstellungsmethode ist jedoch nicht ungefährlich, da das Mangan(VII)oxid explosiv ist.

2KMnO4 + 3H2SO4 + 765,3 kJ → 2K2SO4 + Mn2O7 + H2O
Mn2O7 → 2 MnO2 + O3 + 897,3 kJ


Die Methode der Wahl zur Herstellung von Ozon ist daher nicht der nasschemische Weg, sondern über einen Siemens'schen Ozonisator. Hierbei wird Disauerstoff einem niederfrequenten Hochspannungsfeld (50 bis 150 Hz neben 10 bis 20 kV) ausgesetzt. Dabei entsteht primär atomarer (radikalischer) Sauerstoff, der dann mit Disauerstoff zu Ozon reagiert. Die Ausbeute liegt etwa bei 10 bis 15 %.
Chemie von Sauerstoff: Sauerstoff ist nach Fluor das zweitreaktivste Element. Dabei ist die Reaktionsfähigkeit im Falle des O2 meist geringer, als man es thermodynamisch oder kinetisch erwarten würde. So kann man beispielsweise das reaktive Metall Natrium in trockenem und reinen Sauerstoff schmelzen, ohne dass es dabei verbrennt.

Chemisch bei weitem reaktiver ist das Ozon, welches mit allen Elemente mit Ausnahme von Helium, Neon, Argon und Krypton Oxide bildet, und die meisten Elemente dabei in ihre höchsten Oxidationsstufen oxidiert.

Aufgrund der hohen Elektronegativität des Sauerstoffs werden mit allen elektropositiveren Elementen (Metalle) schwerflüchtige Ionenverbindungen gebildet. Mit weniger elektropositiven Elementen (Halbmetalle) werden meist hochpolymere, stark polare Atomverbindungen gebildet, die zumeist ebenfalls schwerflüchtig sind. Nur mit stärker elektronegativen Elementen (Schwefel, Kohlenstoff, Stickstoff, Halogene) werden flüchtige Oxide gebildet. Dabei ist der Sauerstoff in allen Fällen negativ polarisiert. Nur in Verbindung mit Fluor (Sauerstoffdifluorid, OF2) hat er eine deutlich positive Partialladung, was sich auch in der Hydrolyse der Verbindung ausdrückt. (OF2 bildet mit Wasser Sauerstoff und Fluorwasserstoff. Wäre der Sauerstoff in der Verbindung mit Fluor negativ polarisiert, würde er Hypofluorige Säure und Fluorwasserstoff bilden; vergleiche die analoge Reaktionen von Dichloroxid und Dibromoxid).

Mit Wasserstoff reagiert Sauerstoff bei Zündung explosionsartig unter Bildung von Wasser (Knallgas), der wichtigsten Sauerstoffverbindung. Da im Wassermolekül stark polare Bindungen vorliegen, und dieses gewinkelt ist (und dadurch Pole entstehen), hat die Verbindung H2O andere Eigenschaften, als man es aufgrund ihrer Molekülmasse vermuten müsste: Wasser schmilzt bekanntlich bei 0°C, und siedet bei 100°C. Aufgrund seiner Molekülmasse wäre jedoch ein Schmelzpunkt bei -100°C und ein Siedepunkt bei etwa -80°C zu erwarten (Vergleich des homologen Schwefelwasserstoffs, H2S: Smp: -85,7°C, Sdp: -60,2°C - des Selenwasserstoffs: Smp. -66°C, Sdp. -41°C). Diese Anomalie kommt durch die Bildung von so genannten Wasserstoff-Brücken zustande. Dabei ziehen sich im Verband die jeweils negativen Pole (am Sauerstoffatom) und die positiven Pole (beide Wasserstoff-Atome) merklich an. Folglich muss Energie (Wärme) aufgewendet werden, um ein einzelnes Wassermolekül aus dem Verband zu entfernen.

Bildungsgleichung des Wassers aus seinen Elementen:

2H2 + O2 → 2H2O + 571,6 kJ


Die Oxide lassen sich in drei große Gruppen unterteilen, unterschieden nach ihrem Verhalten in Wasser: Oxide von stark elektroposiven Elementen (sprich Alkalimetalle, Erdalkalimetalle, Lanthanoide, Actinoide und Scandiumgruppe) reagieren deutlich alkalisch und bilden nur mit Säuren Salze, in denen sie dann das Kation bilden.
Oxide der stark elektronegativen Elemente (Halogene, Schwefel, Stickstoff, Phosphor, Kohlenstoff) bilden mit Wasser dagegen Säuren und mit Laugen Salze, wobei sie dann anionisch vorliegen.

MeI2O + H2O → MeIOH
MeOH —Wasser→ [Me]+ + [OH]-
NmO3 + H2O → H2NmO4
H2NmO4 + H2O → 2 [H3O]+ + [NmO4]2-


Oxide von Elementen mit mittelmäßiger Elektronegativität können oftmals sowohl mit Säuren als auch mit Laugen Salze bilden (während sie in Wasser unlöslich sind). Dies nennt man Amphoterie:

Me(OH)2 + 2 [OH]- → [Me(OH)4]2-
Me(OH)2 + 2 [H3O]+ → Me2+ + 4 H2O


Wichtige Sauerstoff-Verbindungen
(3D-Ansicht)

Wasser (H2O)

Wasserstoffperoxid (H2O2)

Kohlendioxid (CO2)


Wasserstoffperoxid wird mittels Anthrachinonverfahren gewonnen. Hierzu wird Ethylanthrochinon unter Verwendung von Palladium als Katalysator mit Wasserstoff zu Hydroxyethylanthrochinon hydriert. Beim Versetzen mit Sauerstoff wird unter Abspaltung von Wasserstoffperoxid das Ethylanthrochinon zurück gebildet.


Reaktionen beim Anthrochinon-Verfahren[1]
Physikalische Besonderheiten von Sauerstoff bzw. von seinen Verbindungen:
  • Wasser hat einige besondere Eigenschaften: Entgegen den meisten anderen Substanzen hat festes Wasser (Eis) eine geringere Dichte als flüssiges. Flüssiges Wasser hat ein Dichtemaximum bei 4°C. Diesen Umstand bezeichnet man auch als Anomalie des Wassers.
Verwendung von Sauerstoff und seinen Verbindungen : Elementarer Sauerstoff wird technisch vielseitig verwendet:
  • Schweißgas: Ein Gemisch aus Sauerstoff und Acetylen kann zum Schweißen verwendet werden. Damit lassen sich Temperaturen bis zu 3000°C.

  • Medizin: Sauerstoff wird rein oder im Gemisch mit anderen Gasen (Helium, Kohlendioxid) zu verschiedenen Behandlungsmethoden bzw. der Notfallmedizin eingesetzt.

  • Abwassertechnik: Mittels Sauerstoffzufuhr können stark belastete Abwässer mittels Bakterien effizienter und schneller geklärt werden.
Die wichtigsten anorganischen Sauerstoff-Verbindungen sind neben dem Wasser die Metalloxide. Hier finden sich wichtige Erze als Ausgangsstoff für die Metallgewinnung.
Sonstiges:
Erdgeschichtliche Temperaturmessung über 18O / 16O-Verhältnis in Meereis
Wassermoleküle mit dem gegenüber 18O um 11,1% leichteren 16O verdunsten schneller. Deshalb müssen Eisschichten mit einem höheren relativen Anteil an 18O aus wärmeren Zeiten stammen, da nur bei der starken Verdunstung wärmerer Perioden vermehrt 18O mit zur Wolkenbildung beiträgt. Je höher die globale Temperatur ist, desto weiter können die mit 18O beladenen Wolken in die Polarregionen vordringen ohne vorher abzuregnen.

In kälteren Perioden befindet sich mehr 18O in Meeressedimenten. Meereis besteht hauptsächlich aus den leichteren Wassermolekülen mit 16O. Wenn es in einer Kaltphase zu einer starken Neubildung von Meereis kommt, bleibt vermehrt Meerwasser aus 18O zurück, welches durch die permanente Einlagerung von Sauerstoff in die Kalkschalen der Meerestiere (Calciumcarbonat, CaCO3) verstärkt in Sedimentschichten dieser Zeit nachweisbar ist. Auch gibt es regionale Unterschiede in der 18O-Anreicherung in Organismen nach Art ihrer Trinkwasserquelle.

Durch eine Isotopenuntersuchung von Eisbohrkernen oder Sedimentproben und die Bestimmung des 16O /18O-Verhältnisses mit Hilfe eines Massenspektrometers lassen sich Informationen über die Durchschnittstemperatur und damit die Klimaerwärmung und -abkühlung in früheren Zeiten gewinnen. Daneben kann durch Bestimmung der Zahl der Oszillationen zwischen warm (Sommer) und kalt (Winter) das Alter des Bohrkerns exakt bestimmt werden.[2]

Die Glimmspan-Probe

Im Labor kann man Sauerstoff mittels der Glimmspan-Probe nachweisen. Hierzu füllt man ein Reagenzglas mit dem zu pfrüfenden Gas, und verschließt dieses mit dem Daumen. Dann entzündet man ein Streichholz, dass man aber wieder ausbläst, so dass es noch glimmt. Man hält es nun in das Reagenzglas. Flammt es hell auf, so handelt es sich bei dem Gas mit hoher Wahrscheinlichkeit um Sauerstoff (nur Lachgas, (N2O) ergibt ebenfalls eine positive Probe).

Video zur Glimmspanprobe[1]: Hier wird mit Hilfe von Wasserstoffperoxid und Kaliumpermanganat Sauerstoff entwickelt (Formel siehe unter Sauerstoff-Gewinnung weiter oben im Text). In diesem entzündet sich, wie beschrieben, ein glimmender Holzspan immer wieder.


Die Chalkogen-Wasserstoffe im Überblick:

  Sauerstoff Schwefel Selen Tellur Polonium
Formel: H2O H2S H2Se H2Te H2Po
Molmasse:
(g/mol)
18,01 34,08 80,98 129,62 212,02
Smp (K): 273 191 207 224 238
Sdp (K): 373 212 232 271 309
Dipolmoment
(μ)
1,84 0,97 0,62 0,20 ?
pK-Wert
(1.Stufe)
15,76 7,06 3,73 2,64 ?
ε(H2X → 2H+ + X + 2e-)
bei pH=0
+1,229 V +0,14 V -0,399 V -0,69 V ~-1 V


Quellen: [1] Bildquelle: Eigenes Bild. Dieses Bild darf unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz frei verwendet werden. Bei Verwendung bitte einen Link auf mein Web-Angebot setzen.

[2] Wikipedia: Artikel: Sauerstoff, Abschnitt: Isotope, Text: Indirekte Temperaturmessung über das σ-18O-Signal.