74, Wolfram (W)

mhd. wolfram = Wolfsschaum, erzverschlackende Beimengung

Das Element Wolfram:

         
  Nb Mo Tc  
  Ta W Re  
  Db Sg Bh  
         
 
   
   
   
   
   
   
   
Natürliche Entstehung von Wolfram (Nukleosynthese): Wolfram kommt mit fünf Isotopen natürlich vor. Vier davon, W-182, W-183, W-184 und W-186 werden infolge von s-Prozessen bzw. r-Prozessen gebildet. W-180 muss jedoch infolge γ-Reaktion aus Hf-180 heraus entstehen: Bei energetischer Anregung erfolgt dabei Bildung von Ta-180 unter β--Zerfall. 14% der Ta-180-Kerne zerfallen mit weiterer β--Emission zu W-180.

Die Wolfram-Synthese
180W-Synthese
(γ-Reaktion):

180Hf + 0,85 MeV → 180Ta + β-
180Ta → 180W + 0,71 MeV (14%) 180Ta + e-180Hf + 0,85 MeV (86%)

182W-Synthese
(s-, r-Prozesse):

181Ta + n → 182Ta + 6,06 MeV
182Ta → 182W + β- + 1,81 MeV

56Fe + 126n → 182W + 48β- + 1005 MeV

183W-Synthese
(s-, r-Prozesse):

182W + n → 183W + 6,19 MeV

56Fe + 127n → 183W + 48β- + 1011 MeV

184W-Synthese
(s-, r-Prozesse):

183W + n → 184W + 7,41 MeV

56Fe + 128n → 184W + 48β- + 1018 MeV

186W-Synthese
(s-, r-Prozesse):

184W + n → 185W + 5,75 MeV
185W + n → 186W + 7,19 MeV

56Fe + 130n → 186W + 48β- + 1031 MeV



Alle als bisher stabil angesehenen Wolfram-Isotope sind Alpha-Strahler mit allerdings extrem langen Halbwertszeiten. Daher hat Wolfram eine überaus schwache Radioaktivität von 1,7•10-2 Becquerel/kg. Dies ist 1,8 Mio. mal schwächer als die Strahlung natürlichen Kaliums.
Vorkommen von Wolfram: Im Universum kommt Wolfram durchschnittlich mit 0,5 μg/kg in der Materie vor (Rang 71); wobei es auf der Erde wie alle Metalle angereichert ist. So besteht die Erdkruste durchschnittlich zu 1,25 mg/kg (Rang 57) aus dem Metall, die Erdhülle sogar zu 64 mg/kg (Rang 26). Obwohl metallisches Wolfram mit einer Dichte von 19,3 g/cm3 sehr schwer ist, ist es während der Entstehungszeit der Erde nicht wesentlich in den Erdkern diffundiert. Es hat sich dank seiner hohen Affinität zu Sauerstoff fast vollständig zum Trioxid umgesetzt und mit anderen Erden mineralisch verbunden, weswegen es sich großteils in der Erdkruste wiederfindet.

Es kommt aufgrund seiner Ähnlichkeit mit dem leichteren Homologen Molybdän in Mineralien auch oft mit diesem vergesellschaftet vor. Wolfram bildet jedoch auch eigenständige Mineralien, womit sich das Element von den beiden links benachbarten Hafnium und Tantal unterscheidet: Hafnium kommt stets mit Zirconium, Tantal stets mit Niob zusammen vor; die beiden Elemente bilden keine eigenständige Mineralien.

Die wichtigsten Wolframmineralien sind der Scheelit (Calciumwolframat, CaWO4) und der Wolframit (ein Konglomerat aus den beiden Mineralien Hubnerit und Ferberit, (Fe|Mn)WO4). Daneben kommt das Element auch in Form anderer, eher seltener Mineralien vor, wie etwa dem Stolzit (Blei(II)wolframat, PbWO4), der mit dem Wulfenit eine lückenlose Mischungsreihe bildet.

Wichtige Wolfram-Mineralien

Wolframit, (Fe|Mn)WO4[1]

Scheelit, CaWO4[1]

Stolzit, PbWO4[1]


Wolfram-Gewinnung: Wolfram wird zum größten Teil aus Wolframit gewonnen. Hierzu wird das fein vermahlene Erz zusammen mit Soda bei 800 bis 900°C unter Einblasen von Luftsauerstoff geglüht. Dabei entsteht wasserlösliches Natriumwolframat. Durch Auslaugen mit Ammoniak-Lösung aus, wobei Eisen(II,III)oxid bzw. Mangan(II,III)oxid ausfallen, das Natriumwolframat jedoch in Lösung verbleibt. Durch Erniedrigen des pH-Wertes fällt dann Ammoniumparawolframat als schwerlösliches Salz aus. Dieses lässt sich durch Glühen bei 600°C zu Wolframtrioxid überführen. Im Falle von Scheelit kann man direkt durch Auflösen des Minerals in starker Salzsäure zu Wolframtrioxid-Hydrat gelangen, während evtl. Beimengungen von Eisen und Mangan, bzw. der Calcium-Anteil vollständig als Chloride in Lösung gehen.

Aufschluss des Wolframits:
6(Fe|Mn)WO4 + 6Na2CO3 + O2 → 6Na2WO4 + 2(Fe|Mn)3O4 + 6CO2

Lösen des Natriumwolframats in Ammoniaklösung:
12Na2WO4 + 10NH3 + 18H2O → (NH4)10[H2W12O42] + 24NaOH

Glühen des Ammoniumparawolframats:
(NH4)10[H2W12O42] → 12WO3 + 10NH3↑ + 6H2O↑


Reduktion des Wolframtrioxids. Wolframtrioxid wird mit Wasserstoff in zwei Stufen reduziert: Zunächst wird es bei 450°C zum blauen Wolfram(IV-VI)mischoxid, dann bei 1100°C zu elementarem, pulvrigen Wolframmetall reduziert. Dieses W-Pulver wird dann im Wasserstoffstrom bei 1300°C vorgsintert und anschließend elektrisch auf 3000°C erhitzt und weiter gepresst. Dadurch entstehen kompakte Wolframstäbe. Je nach Verwendungszweck können diese entweder durch Zonenschmelzen gereinigt werden, oder durch Walzen zu Drähten weiter verarbeitet werden.

Bilder zur Darstellung des Wolframs:

Schema Wolframdarstellung [4]

Wolframpulver[2]

Wolframstäbe, zonengeschmolzen.[2]


Chemie von Wolfram: Wolfram reagiert aufgrund seiner Elektronenkonfiguration [Xe]6s24f145d4 bevorzugt zur Oxidationsstufe +6. Die niederen Oxidationsstufen (+2, +3, +4 und +5) haben noch stärker reduzierenden Charakter als entsprechende Molybdänverbindungen.

Reaktionen an der Luft. Gegenüber Luft ist Wolfram bei Raumtemperatur vollkommen inert, da es sich mit einer sehr dünnen, passivierenden Oxidschicht aus Wolframtrioxid überzieht, die das Metall vor weiterem Angriff schützt. Bei der Temperatur der Rotglut setzt sich Wolfram jedoch mit Sauerstoff in exothermer Reaktion vollständig zum Trioxid um, in der Weißglut auch mit Stickstoff zu Wolfamnitrid.

2W + 3O2 → 2WO3 + 1685,8 kJ


Reaktionen mit Wasser, Säuren und Laugen. Wolfram reagiert mit Wasser und nichtoxidierenden Säuren weder in der Kälte noch beim Erwärmen. Von oxidierenden Säuren wie konz. Schwefelsäure, konz. Salpetersäure oder auch Königswasser wird das Metall in der nur sehr langsam angegriffen (im Ggs. zum Molybdän, das von diesen Säuren lebhaft zersetzt wird). Einzig eine Mischung aus drei Teilen Flusssäure und einem Teil Salpetersäure greift das Metall deutlich an. Gegenüber wässrigen Alkalien ist Wolfram ebenfalls inert. In geschmolzenen Alkalien bildet es unter Wasserstoffentwicklung Wolframate, die in Wasser unter stark alkalischer Reaktion löslich sind.

Wässrige Chemie. Eine kationische Wolframchemie ist im Gegensatz zur Molybdänchemie (und auch im Gegensatz zur Chemie des Seaborgiums, wie bereits aus Versuchen bekannt) nicht bekannt. Das Wolframtrioxid löst sich auch bei tiefen pH-Werten nicht in Säuren auf; Oxide mit niedriger Oxidationsstufe sind in Wasser oder Säuren entweder unlöslich oder unbeständig. Beim Versetzen mit Lauge löst sich Wolframtrioxid leicht zu Wolframat(VI) auf.

Reaktionen mit den Halogenen. Wolfram bildet sowohl mit Fluor als auch Chlor unter Normalbedingungen Verbindungen WX6 (X=F, Cl). Mit Brom bildet Wolfram bei Rotglut WBr3, mit bei denselben Bedingungen Iod WI2. Alle diese Verbindungen sind hydrolyseempfindlich, wobei WF6 und WCl6 heftig zu WO3 und HX zersetzt werden. Die Bromide und Iodide setzen sich mit Wasser zu blauschwarzen Oxiden um, die nicht stöchiometrisch zusammen gesetzt sind.

Wolframoxide. Neben den stöchiometrisch einfach zusammengesetzten Oxiden WO2 (braun) und WO3 (zitronengelb) bildet Wolfram eine ganze Reihe von weiteren Oxiden, in welchen es Oxidationsstufen zwischen +4 und +6 betätigt.

Wolframcarbid. Schmilzt man Wolframpulver (oder Wolframtrioxid) und Graphitpulver bei 1400 bis 2000°C zusammen, so entsteht Wolframcarbid (WC). Dieses ist äußerst hart, zeigt aber, da es sich um eine Einlagerungsverbindung des Kohlenstoffs in das Kristallgitter des Wolframs handelt, elektrische Leitfähigkeit und metallischen Glanz.

Wolframverbindungen

Wolframtrioxid, WO3[2]

Wolframdioxid, WO2[2]

Natriumwolframat, Na2WO4[3]


Physikalische Besonderheiten von Wolfram bzw. von seinen Verbindungen: Superlative Flüchtigkeit: Wolfram hat mit 3420°C den höchsten Schmelzpunkt und mit 5555°C den höchsten bekannten Siedepunkt aller Elemente. Kohlenstoff sublimiert unter Normalbedingungen bei 3370°C.

Die Verbindung aus Kohlenstoff und Wolfram, das Wolframcarbid schmilzt wesentlich tiefer, bei 2870°C. Dagegen sind die Carbide des Tantals und des Hafniums noch höher schmelzend als Wolfram. (siehe dort).

Superlative Härte: Wolfram hat mit HV3430 auch die größte Vickers-Härte aller Metalle. Zum Vergleich: Der Diamant hat eine Vickers-Härte von HV10060. Bezüglich der Brinell-Härte hat Wolfram nach Osmium den zweithöchsten Wert mit HB2570.
Verwendung von Wolfram und seinen Verbindungen : Wolfram und Wolframlegierungen:[5]
  • Glühdrähte in Glühbirnen sind aus Wolfram oder einer Legierung von Wolfram mit Osmium (Osram™) gefertigt (Glühwendel).

  • Legierungszusatz in der Stahlherstellung. Vorallem in der Form von Wolframcarbid kann dadurch die Härte von Stahl enorm gesteigert werden.

  • Militär. Wolfram eignet sich aufgrund seiner hohen Dichte als Material zur Herstellung panzerbrechender Munition.

  • Strahlenschutz. Wolfram ist in der Lage, in relativ dünner Schicht (15 cm) Gammastrahlen oder Roentgenstrahlen abzuschirmen.

  • Sport. Aus Wolfram werden beispielsweise Barrels von Dartpfeilen gefertigt. In der Formel 1 werden Zusatzgewichte aus Wolfram eingesetzt, um das Mindestgewicht von 620 kg zu erreichen.

Wolframverbindungen:
  • Wolframcarbid ist sehr hart und hochtemperaturbeständig. Daher wird es im Werkzeugbau eingesetzt. Wolframcarbid mit einem Zuschlag von 6% Kobalt ist auch unter dem Namen Widia™ bekannt. Es wird zur Herstellung von Druckstöcken, Umformwerkzeugen oder Schneidwerkzeugen verwendet. Seit einigen Jahren (2012) wird aus WC auch Schmuck gefertigt.

  • Wolframtrioxid wird in der keramischen Industrie als Gelbpigment verwendet.
Verwendung von Wolfram, seinen Legierungen und Verbindungen

Eine Glühwendel aus Wolfram[6]

Glühender Wolframdraht[2]

Ring aus Wolframcarbid[7]

Dartpfeile[8]

Zusatzgewichte der Rennwagen[9]

Schneidwerkzeug aus Widia™[10]


Biologische Bedeutung von Wolfram: Wolfram hat keine bekannte biologische Bedeutung. Es ist nach heutigem Wissensstand aber auch nicht toxisch.
Sonstiges: In der Tabelle sind einige Eigenschaften zwischen Molybdän und Wolfram vergleichend gegenüber gestellt:

CHEMISCHE EIGENSCHAFTEN Mo W
Metall-Atomradius (KZ6) 1,36 Å 1,37 Å
Ionenradius (+6, Shannon, KZ6) 0,73 Å 0,74 Å
Elektronenkonfiguration (Kr)5s24d4 (Xe)6s24f145d4
1. Ionisierungenergie 7,09 eV 7,98 eV
Elektronegativität (Allred-Rochow) 1,30 1,40
Normalpotenzial (E/EO3, sauer) 0,114 V -0,098 V
Bildungsenthalpie EO3: -746 kJ/mol -843 kJ/mol
 
PHYSIKALISCHE EIGENSCHAFTEN Mo W
Atommasse: 95,94 u 183,84 u
Dichte (ρ, 20°C) 10,28 g/cm3 19,30 g/cm3
Molvolumen (20°C) 9,33 cm3 9,53 cm3
Schmelzpunkt / Siedepunkt: 2623°C / 3639°C 3422°C / 5555°C
Kristallsystem (20°C): kubisch-raumzentriert kubisch-raumzentriert
Vickershärte: 1530 MPa 3430 MPa
Quellen: [1] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: Rob Lavinsky. Das Bild ist unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz freigegeben.

[2] Eigenes Bild. Dieses Bild darf unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz frei verwendet werden. Bei Verwendung bitte einen Link auf mein Web-Angebot setzen.

[3] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: Ondrej Mangl. Das Bild ist von seinem Urheber als Public Domain veröffentlicht worden. Dies gilt weltweit.

[4] Eigenes Werk. Dieses Bild darf unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz frei verwendet werden. Bei Verwendung bitte einen Link auf mein Web-Angebot setzen. Das Werk enthält ein Bild aus Quelle [1] (Wolframit).

[5] Wikipedia. Artikel: Wolfram; Absatz: Verwendung.

[6] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: Lander777. Das Bild ist von seinem Urheber als Public Domain (gemeinfrei) veröffentlicht worden. Dies gilt weltweit.

[7] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: Solitary Angel. Das Bild ist unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz freigegeben.

[8] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: Pilgab. Das Bild ist unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz freigegeben.

[9] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: Andreas Fink. Das Bild ist unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz freigegeben.

[10] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: >Basilicofresco. Das Bild ist unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz freigegeben.