41, Niob (Nb)

Niobe (Gr. Mythologie)

Das Element Niob:

         
  Ti V Cr  
  Zr Nb Mo  
  Hf Ta W  
         
 
   
   
   
   
   
   
   
Natürliche Entstehung von Niob (Nukleosynthese): Niob hat mit 93 Nukleonen nur ein einziges stabiles Isotop, und ist damit das 11. Reinelement. Dies wird durch s- oder r-Prozesse während Supernova-Explosionen aus Fe-56 bzw. in Roten Riesensternen durch sukzessive Neutronenanlagerung aus Zirconium-Isotopen gebildet.

Die Niob-Synthese:
93Nb-Synthese:
(s-,r-Prozesse):

92Zr + n → 93Nb + β- + 6,83 MeV

56Fe + 37n → 93Nb + 15β- + 325 MeV

Vorkommen von Niob: Niob kommt im Universum vergleichsweise selten vor; es liegt mit durchschnittlich 2 μg/kg auf Rang 58 der Häufigkeitsliste. Iridisch ist es stark angereichert; hier kommt es in der Erdkruste mit durchschnittlich 20 mg/kg vor (Rang 33), wodurch es häufiger als Blei, jedoch seltener als Kupfer oder Kobalt ist. Es kommt nur vergesellschaftet mit seinem schwereren Homologen Tantal in eigenständigen Mineralien vor. Wie bei den benachbarten Elementen Zirconium und Hafnium existieren keine Mineralien, die ausschließlich entweder nur Niob oder Tantal enthalten.

Die wichtigsten Niob-Tantal-Erze sind der Columbit, der Tantalit und der Pyrochlor. Columbit und Tantalit sind eisen-, magnesium- oder manganhaltige Niob- und Tantalerze. Dabei bilden die beiden Mineralien eine lückenlose Mischungsreihe. Der Pyrochlor enthält ganz überwiegend Niob. Daneben finden sich die beiden Metalle auch in den seltenen Mineralien Euxenit und Samarskit, beides Seltenerd-Mineralien.

Wichtige Tantal-Niob-Mineralien

Columbit (Mg|Mn|Fe)(Nb|Ta)2O6[1]

Tantalit(Mg|Mn|Fe)(Ta|Nb)2O6[1]

Pyrochlor (Na2|Ca)(Nb|Ta)2O6(OH|F)[1]

Y-Samarskit (Y|Fe|U)(Nb|Ta)O4[1]

Euxenit (Y|Ca|Ce|U|Th)(Nb|Ta|Ti)2O6[1]


Niob-Gewinnung: Aufschluss der Mineralien. Zunächst werden die Mineralien schwefelsauer aufgeschlossen. Der verbliebene Rückstand wird dann stark alkalisch gemacht und ausgekocht. Bei diesen beiden Schritten gehen praktisch alle Elemente mit Ausnahme von Niob und Tantal in Lösung. Der Rückstand wird gewaschen und in einem Gemisch aus Schwefelsäure und Fluorwasserstoffsäure gelöst.

Fraktionierende Umkristallation. Früher (vor 1955) trennte man Tantal von Niob durch fraktionierende Kristallisation: Zu der wässrigen Fluorwasserstoff-Lösung wurde Kaliumfluorid zugegeben, wodurch sich schwerer lösliches Dikaliumheptafluoridotantalat (K2TaF7) sowie leichter lösliches Dikaliumoxypentafluoridoniobat (K2NbOF5) bildete. Diese konnten nun durch wiederholendes Lösen und Ausfällen voneinder getrennt werden.

Fraktionierende Extraktion. Seit 1955 bedient man sich des komfortableren Verfahrens, beide Fluoride nacheinander in MIBK (Methylisobutylketon) zu extrahieren. Man schüttelt hierzu die wässrige Lösung der beiden Fluoride gegen MIBK aus, wobei zunächst das Niobfluorid in die organische Phase übergeht, nach Herabsetzen des pH-Werts auch das Tantalfluorid.[2]

Die bei diesen beiden Verfahren erhältlichen Fluoride werden dann mit Ammoniak zu den Oxiden hydrolysiert. Diese werden dann unter Zuschlag von Kohle bei über 2000°C zu den Metallen reduziert. Dabei läuft die Reduktion wahrscheinlich über die Zwischenstufe der Bildung von Niobcarbid ab, welches sich dann in einem Folgeschritt mit noch vorhandenem Nioboxid zum Niob und Kohlenmonoxid umsetzt. Alternativ können aber auch die Fluoride direkt mit Natrium zu den Metallen reduziert werden.

Fraktionierende Destillation der Chloride. Alternativ kann man Niob und Tantal auch dadurch voneinander separieren, indem man zunächst das Oxidgemisch einer reduktiven Chlorierung unterzieht, und sich dann die unterschiedlichen Siedepunkte der Pentachloride zur Trennung zunutze macht. Die Chloride können dann mit Natrium bei 800°C direkt zu den Metallen reduziert werden.

Formeln zur Nb-Gewinnung:
Aufschluss von Columbit:

(Mg|Mn|Fe)(Nb|Ta)2O6 + H2SO4
(Mg|Mn|Fe)SO4 + (Nb|Ta)2O5↓ + H2O
Lösen des Rückstandes in Fluorwasserstoffsäure
und Reduktion des K2NbOF5 mit Natrium:

(Nb|Ta)2O5 + 10 HF → 2(Nb|Ta)F5 + 5 H2O
K2NbOF5 + 5Na → Nb + 2KF + 3NaF + Na2O
Reduzierende Chlorierung der Oxide
und Reduktion mit Natrium:

(Nb|Ta)2O5 + 5C + 5Cl2 → 2(Nb|Ta)Cl5 + 5CO
NbCl5 + 5Na → Nb + 5NaCl bzw.
TaCl5 + 5Na → Ta + 5NaCl
Reduktion des Oxids zum Metall:

5Nb2O5 + 35C → 10NbC + 25CO↑
10NbC + 2Nb2O5 → 14Nb + 10CO↑
(Gesamtreaktion: Nb2O5 + 5C → 2Nb + 5CO↑)


Darstellung von Reinstniob: Niob kann gleich Titan, Zirconium, Vanadium oder Hafnium mit dem Van-Arkel-de-Boer-Verfahren zu Crystal-Bars höchster Reinheit aufbereitet werden. Kompaktes Metall erhält man dann durch Umschmelzen im Lichtbogenofen.

Bilder zur Darstellung von Niob

Niob-Crystal-Bar[3]

Niobpentaoxid[4]

Niobpentachlorid[5]

Schema zur Niob-Darstellung[4]

Van-Arkel-de-Boer-Verfahren[4]


Chemie von Niob: Niob reagiert gemäß seiner Elektronenkonfiguration (Kr) 5s2 4d3 bevorzugt in die Oxidationsstufe +5. Es sind auch Verbindungen bekannt, in welchen Niob die Oxidationsstufen +2, +3 oder +4 besitzt, wohingegen diese mehr oder weniger starke Reduktionsmittel darstellen.

Reaktionen an der Luft. Elementares Niob ist bei Raumtemperatur vollkommen luftbeständig. Oberhalb von 300°C reagiert es mit Sauerstoff zu Nb2O5. Bei Temperaturen der Weißglut wird Niob auch von Stickstoff zu Niobnitrid (NbN) umgesetzt.

4Nb + 5O2 → 2Nb2O5 + 3802 kJ


Reaktionen mit Wasser, Säuren und Laugen: Gegen Wasser und Wasserdampf ist Niob beständig. Bei Raumtemperatur wiedersteht das Metall allen Säuren; in der Hitze wird es nur von konzentrierter Schwefelsäure oder einem Gemisch aus Salpetersäure und Flusssäure angegriffen. Gegen Salzsäure und Königswasser ist das Metall dagegen beständig. Während Niob von wässrigen Alkalien nicht angegriffen wird, bildet es mit Alkalischmelzen unter Wasserstoffentwicklung Niobate (mit den Anionen NbO3- und NbO43-). Dabei sind selbst die Alkalimetallniobate in Wasser unlöslich; werden jedoch von Säuren zu Niobpentoxid hydrolysiert.

Reaktionen mit Halogenen: Niob wird Fluor, Chlor, Brom und Iod beim Erhitzen zu den Pentahalogeniden umgesetzt. Diese Verbindungen der Zusammensetzung NbX5 sind flüchtige, hydrolyseempfindliche Substanzen (NbX5 + H2O → NbOX3 + 2HX; 2NbOX3 + 3H2O → Nb2O5 + 6HCl↑). Darin unterscheidet sich das Niob deutlich vom Vanadium, welches VF5, VCl4, VBr3 und VI3 bildet. Das Tantal hingegen verhält sich in dieser Hinsicht analog dem Tantal.

Wässrige Niob-Chemie. Im Gegensatz zum leichteren Vanadium existieren keine freien Niob-Ionen, auch nicht in der Form Nb(H2O)63+, NbO2+ oder NbO2+, so dass keine kationische Niobchemie in wässriger Lösung bekannt ist. Auch NbO3+-Ionen hydrolysieren sofort und vollständig zu hydratisiertem Nb2O5, welches sich in frischem Zustand in starken Laugen und Säuren wieder löst. Anionisch sind in wässriger Lösung vor allem Fluorido-Komplexe stabil; so werden mit Fluorwasserstoff Komplexe der Typen NbOF52-, NbF6- bzw. NbF72- gebildet. Anionische Oxo-Komplexe (Niobate) entsprechen von ihren Charakteren eher Doppeloxiden als salzartigen Stoffen.

Niobpentaoxid ist ein überaus reaktionsträges Oxid: Es ist in keiner Säure löslich - mit Ausnahme von Fluorwasserstoffsäure, welche es unter Bildung von HNbF6 zu lösen vermag. In geschmolzenen Alkalien (NaOH, Na2CO3) bildet es kompliziert aufgebaute Niobate.

Niob und Wasserstoff. Wasserstoff wird bei Rotglut von Niob begierig aufgenommen und in sein Kristallgitter eingelagert. Dabei ist Niob in der Lage, pro Raumteil bis zu 860 Raumteile Wasserstoff bei Raumtemperatur aufzunehmen. Schon bei geringen Mengen eingelagerten Wasserstoffs versprödet das Metall allerdings; in diesem Zustand kann es relativ leicht gepulvert werden. Bei der Temperatur der Weißglut gibt das Niob den Wasserstoff langsam wieder ab.
Physikalische Besonderheiten von Niob bzw. von seinen Verbindungen: Supraleiter: Unter den chemischen Elementen hat Niob mit 9,5K (-263,65°C) die höchste aller Sprungtemperaturen unter Normaldruck. Es sind auch viele Legierungen mit Niob bekannt, die supraleitende Eigenschaften haben. In der Tabelle sind einige Legierungen mit Sprungtemperaturen angegeben:

FormelTc FormelTc FormelTc
Nb9,5K NbN17,3K AlNb318,8K
NbC11,0K Nb2N9,5K GaNb320,3K
AuNb311,5K ZrNb210,8K Nb3Si18,5K
Nb3Sn18,1K Nb4Sn18,5K Nb3Ge23,2K
Verwendung von Niob und seinen Verbindungen : Niob und seine Legierungen:
  • Supraleiter: Niob und viele seiner Legierungen, vor allem mit Elementen der Kohlenstoffgruppe, mit Stickstoff und Elementen der Borgruppe sind Tieftemperatur-Supraleiter. Die Hohlraumresonatoren der Teilchenbeschleuniger am DESY (Hamburg) bestehen beispielsweise aus Niob.[6]

  • Superlegierungen mit extremen Härte-Eigenschaften und sehr hohen Temperatur-Beständigkeiten. Solche Legierungen finden in der Raumfahrttechnik, im Motoren- und Triebwerksbau Verwendung. Sie sind mit 30 €/kg sehr teuer.[7]

  • Münzherstellung. Niob lässt sich durch Anodisieren (elektrische Oxidation des Metalls an einer Anode) färben. Dabei macht man sich unterschiedliche Lichtabsorption unterschiedlich beschaffener Oxidschichten zunutze. Man kann damit alle Farbtöne im Spektrum von Rot nach Violett darstellen.

  • Stahlherstellung. Durch Zulegieren von Niob zu Stahl kann dessen Zugfestigkeit und Härte enorm gesteigert werden.

  • Rohrleitungen in Kernkraftwerken für flüssiges Natrium sind aus Nioblegierungen.
Niobverbindungen:
  • Niobpentoxid ist Bestandteil einiger Katalysatoren für organische Synthesen; z.B. für ungesättigte Nitrile oder Phenylalkylester.

  • Niobcarbid ist ein Hochtemperaturwerkstoff mit größer Härte und guter Korrosionsbeständigkeit.
Verwendungen von Niob und seinen Legierungen

25€-Münzen
mit farbigem Niobkern[8]

Supraleitende Kavität aus Niob[9]

Turbinenschaufel aus
einer Nickel-Superlegierung[10]


Biologische Bedeutung von Niob: Niob hat keinerlei bisher bekannte biologische Funktionen. Es ist in der Form als Metall bzw. als Oxid auch nicht toxisch.
Quellen: [1] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: Rob Lavinsky. Das Bild ist unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz freigegeben.

[2] Holleman-Wiberg. Lehrbuch der anorganischen Chemie, 102. Auflage. Seite 1553, Niob und Tantal, Darstellung.

[3] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: Dnn87. Das Bild ist unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz freigegeben.

[4] Bildquelle: Eigenes Bild. Dieses Bild darf unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz frei verwendet werden. Bei Verwendung bitte einen Link auf mein Web-Angebot setzen.

[5] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: W. Oelen. Das Bild ist unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz freigegeben.

[6] Wikipedia: Artikel: Niob; Abschnitt: Verwendung.

[7] Wikipedia: Artikel: Superlegierungen

[8] Bildquelle: Sample aus mehreren Bildern der Wikimedia Commons. Urheber aller dieser Bilder: NobbiP. Das Bild ist unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz freigegeben.

[9] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: Msgmsg. Das Bild ist unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz freigegeben.

[10] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: Stahlkocher. Das Bild ist unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz freigegeben.

[11] Bildquelle: Eigenes Bild. Dieses Bild darf unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz frei verwendet werden. Bei Verwendung bitte einen Link auf mein Web-Angebot setzen. Das Bild enthält ein weiteres Bilder, welches ebenfalls unter der Creative Commons Lizenz freigegeben wurden: Sequenz Niobpentachlorid: Urheber W. Oelen (siehe [5])