35, Brom (Br)

Bromine, gr. bromos = Gestank

Das Element Brom:

         
  S Cl Ar  
  Se Br Kr  
  Te I Xe  
         
 
   
   
   
   
   
   
   
Natürliche Entstehung von Brom (Nukleosynthese): Bei der Nukleosynthese werden die beiden stabilen Isotope des Brom, Br-79 und Br-81 etwa im gleichen Verhäöltnis gebildet. Beide Nuklide entstehen sowohl durch s- als auch durch r-Prozesse; werden also gleichsam in Roten Risen als auch nach Supernova-Explosionen gebildet.

Die Brom-Synthese
79Br-Synthese:
(s- und r-Prozesse):

78Se + n → 79Br + β- + 7,11 MeV

56Fe + 23n → 79Br + 9β- + 201 MeV

81Br-Synthese:
(s- und r-Prozesse):

80Se + n → 81Br + β- + 8,29 MeV

56Fe + 25n → 81Br + 9β- + 219 MeV



Vorkommen von Brom: Brom kommt im Universum etwa so häufig wie Lithium oder Yttrium vor, es ist mit einem Durchschnittsanteil von ca. 7 μg/kg Materie ein vergleichsweise seltenes Element (Rang 44). Auf der Erde ist es dank seiner Affinität zu Metallen angereichert, so enthält die Erdkruste durchschnittlich 2,4 mg/kg des Elementes (Rang 50). Irdisch ist es etwa so häufig wie Uran oder Zinn. Aufgrund seiner Ähnlichkeit mit dem Chlor bildet es jedoch keine eigenständige Mineralien, sondern kommt diffus als Verunreinigung in den Chloriden vor.

Im Sylvinit (KCl) oder im Carnallit (KMgCl3) ist es in Konzentrationen von bis zu 400 mg/kg (0,04%) enthalten. Das Meerwasser enthält 68 mg/kg Br.

Die wichtigsten natürliche Vorkommen von Brom:

Sylvinit enthält auch Bromid
(K(Cl|Br))[1]

Brom-Carnallit
K[Mg(Cl|Br)3][2]

Die Weltmeere[3]
 


Seltene Brommineralien: Daneben gibt es eine Reihe seltener Mineralien von Metallbromiden, die jedoch allesamt in Begleitung entsprechender Chloride vorkommen (und mit ihnen lückenlose Mischungsreihen bilden). So z.B. der Bromargyrit (AgBr), welcher mit dem Akanthit (AgCl) vergesellschaftet vorkommt. Technische Bedeutung zur Bromgewinnung haben diese Mineralien allerdings nicht.
Brom-Gewinnung: Brom wird entweder aus konzentrierten Solen (Sylvinit oder Carnallit) oder aus dem Meerwasser gewonnen. Man unterscheidet zwischen zwei Verfahren:

Heißentbromung: Dieses Verfahren wird angewendet, wenn das bromführende Medium eine Konzentration von mehr als 0,2 g/L Brom aufweist: Die Br-Gewinnung erfolgt aus den so genannten Endlaugen, also den Lösungen, die bereits mehrmals umkristallisiert wurden, und daher eine relativ hohe Konzentration an Fremdstoffen - und eben auch Brom - aufweisen. Beim Umkristallisieren von Sylvinit oder Carnallit verbleibt das Bromid in der Lösung, da sowohl KBr als auch MgBr2 besser als KCl bzw. MgCl2 löslich sind. Die Gewinnung des elementaren Broms geschieht nun dadurch, dass man die auf 80°C erhitzten Laugen durch Rieseltürme aus Blech oder Sandstein, die mit Glasringen befüllt sind. Von unten leitet man im Gegenstrom ein Wasserdampf-Chlorgas-Gemisch ein. Dabei geht das entstehende Brom in die Dampfphase über, und wird durch Kondensation niedergeschlagen. Das Kondensat besteht aus Wasser und Rohbrom, wobei in diesem das nicht umgesetzte Chlor gelöst ist ("Sauerwasser"). Brom ist in Wasser besser als Chlor löslich (bei 20°C löst ein Liter Wasser ca. 14 g Brom), und schlägt sich als flüssige, nicht mit dem Sauerwasser mischbare Phase am Boden ab. Durch Destillation wird das so gewonnene Rohbrom dann vom restlichen Chlor befreit. Eventuell enthaltenes Iodid wird bei diesem Prozess zu Iodat oxidiert, welches in der behandelten Sole gelöst verbleibt, wodurch sich kein Iod im Brom befindet.

Kaltentbromung: Da der Bedarf an Brom mittlerweile im Bereich Hunderter Kilotonnen pro Jahr liegt, wird zunehmend auch die Gewinnung von Brom aus dem Meerwasser rentabel. Hierzu muss allerdings eine Vorkonzentrierung durchgeführt werden, da der Gehalt von 68 mg/L Brom im Meerwasser für eine Gewinnung per Heißentbromung zu gering ist: Hierbei wird das bromhaltige Medium (Schwächer bromhaltige Endlauge oder eben Meerwasser) chargenweise mit einer adäquaten Menge an Chlor versetzt, so dass alles Bromid zu Brom oxidert wird. Mittels Durchblasen von Luft wird das Brom aus der nicht erwärmten Lösung ausgetrieben, und der Bromdampf wird in Soda, Natronlauge oder Kalilauge aufgefangen. In alkalischer Lösung disproportioniert das Brom zu Bromid und Bromat, wobei sich die Lauge immer mehr mit den beiden Salzen aufkonzentriert. Sobald die Lösung an Bromid/Bromat gesättigt ist (der pH-Wert auf unter 8 abgesunken ist), setzt man eine genau berechnete Menge an Schwefelsäure zu, wodurch es zu einer Komproportionierung von Bromat und Bromid zurück zu Brom kommt. Dieses bildet eine schwere Phase, die sich mit der Säure nicht mischt. Man zieht das entstandene Brom ab und reinigt es weiter durch Destillation.

Gewinnung von Brom durch Kaltentbromierung:

a) Oxidation mittels Chlor:
2Br- + Cl2 → 2Cl- + Br2

b) Einleiten des Brom in Natronlauge:
3Br2 + 6NaOH + → 5NaBr + NaBrO3 + 3H2O

c) Umsetzen des Bromid-Bromat-Gemisches mit Schwefelsäure:
5NaBr + NaBrO3 + 3H2SO4 → 3Na2SO4 + 3H2O + 3Br2



Bilder zur Bromgewinnung / Elementares Brom:

Elementares Brom[4]

Schema Heißentbromung[4]

Schema Kaltentbromung[4]


Chemie von Brom: Brom hat die Elektronenkonfiguration 4s23d104p5, ihm fehlt nur noch ein Elektron zum Erreichen des Edelgaszustandes. Gasförmiges Brom ist reaktionsträger als Chlorgas, flüssiges Brom ist jedoch reaktionsfreudiger. Seine Befähigung zur Oxidation ist deutlich geringer ausgeprägt als beim homologen Chlor. So wird Bromwasserstoff bereits von konz. Schwefelsäure zu Brom oxidiert, während dies bei Chlorwasserstoff noch nicht der Fall ist. Daher kann das Gas auch nicht mittels Austreiben mit Schwefelsäure und Bromiden gewonnen werden. Gegenüber elektropositiveren Elementen betätigt das Brom die Oxidationsstufe -1; gegenüber Chlor, Stickstoff, Sauerstoff und Fluor betätigt es positive Oxidationsstufen. Dabei ist die Oxidationsstufe +7 unbeständiger und schwerer erreichbar als bei Chlor und bei Iod, generell wirken Bromverbindungen mit positiv polarisiertem Brom etwas stärker oxidierend als entsprechende Chlorverbindungen.

Reaktionen mit elektropositiven Elementen: Mit den meisten Metallen reagiert flüssiges Brom unter Feuererscheinungen zu Bromiden. Dabei ist das Bestreben, die Metalle in höhere Oxidationsstufen zu oxidieren schwächer als beim Chlor. Gegen feuchtes Brom sind einzig Tantal und Platin beständig, alle anderen Metalle werden angegriffen. Mono- und Dibromide mit elektropositiven Elementen haben salzartigen Charakter, wobei aber in stärkerem Maße als die Trichloride die Tribromide vieler (mäßig) elektropositiven Elementen bereits kovalente Eigenschaften haben (Aluminiumbromid, Eisen(III)bromid usw.)

Reaktionen mit weniger elektropositiven Elementen: Auch Elemente wie Zinn, Arsen, Antimon, Silicium oder Wismut reagieren in feinverteiltem Zustand mit flüssigem Brom noch unter Feuererscheinungen. Es entstehen dabei flüchtige, kovalent aufgebaute Bromide.

Reaktionen mit elektropositiveren Nichtmetallen wie etwa mit Phosphor oder Schwefel erfolgen nur nach energetischer Anregung, bei höheren Temperaturen. Die Nichtmetallbromide sind allesamt hydrolyseempfindlich; sie zersetzen sich mit Wasser zu Bromwasserstoff und der entsprechenden Nichtmetall-Sauerstoffsäure.

Bromwasserstoff kann im Gegensatz zum Chlor- oder Fluorwasserstoff nicht mehr bei Raumtemperatur aus den Elementen erhalten werden. Bei höheren Temperaturen erfolgt jedoch auch eine merkliche Spaltung des HBr in die Elemente. Daher kann man HBr aus den Elementen bei etwa 300°C nur unter Verwendung von Katalysatoren erhalten, will man vernünftige Ausbeuten erzielen. Beim Austreiben von Bromiden mit konzentrierter Schwefelsäure wird anstelle von HBr nur deren Oxidationsprodukt Br2 erhalten. Bromwasserstoff wirkt bereits merklich reduzierend. Die wässrige Lösung des Bromwasserstoffs gehört zu den sehr starken, anorganischen Säuren: Ihr pK-Wert liegt bei etwa -8,8, was bedeutet, dass von etwa 630 Mio. in Wasser gelösten Molekülen HBr nur ein einziges nicht dissoziiert ist!

H2 + Br2 → 2HBr + 145,6 kJ

Reaktionen mit Wasser. Wie auch Chlor vermag Brom Wasser mithilfe des Sonnenlichtes zu spalten. Dabei entsteht Bromwasserstoff und Sauerstoff.

2H2O + 2Br2 + → 4HBr + O2

Die Salze der Sauerstoffsäuren von Brom sind von allen Oxidationsstufen (+1, +3, +5 und +7) bekannt, wobei von den freien Säuren keine in Reinsubstanz bekannt ist. Wie bei den Chlorsauerstoffsäuren nimmt auch hier die Säurestärke mit wachsender Anzahl an Sauerstoffatomen im Molekül zu; verglichen mit den Chlorsäuren sind die Bromsäuren jedoch etwas schwächer, während sie sich im molekularen Aufbau miteinander vergleichen lassen. Die Polymerisationsneigung der Brom- und Perbromsäure ist weitaus geringer, als dies bei den analogen Iod- oder Astatsäuren der Fall ist.

Die Hypobromige Säure, HOBr ist schwächer und instabiler als die Hypochlorige Säure. Sie lässt sich nicht zum Brom(I)oxid entwässern, sondern disproportioniert vorher zu Bromid und Bromat.

Die Bromige Säure, HBrO2 ist in freiem Zustand unbekannt; säuert man Bromite an, so erhält man anstelle der Säure nur deren Zerfallsprodukte Brom, Wasser und Sauerstoff. Sie ist noch instabiler als die chlorige Säure.

Die Bromsäure lässt sich durch Umsatz von Bromaten mit Schwefelsäure herstellen. Man kann Lösungen mit Gehalten von etwa 50% erhalten. Stärker konzentrierte Lösungen sind zersetzlich, sie scheiden Brom und Sauerstoff aus. In der Säurestärke ist sie der Chlorsäure vergleichbar.

Die Perbromsäure ist nur mittels Fluorierung von Bromaten und anschließender Umsetzung des separierten Perbromates mit Schwefelsäure erhältlich. Auch sie lässt sich nicht in Reinform gewinnen, stärker konzentrierte Lösungen können gleich der Perchlorsäure explosionsartig zerfallen. Insgesamt ist jedoch ihre Oxidationskraft größer, wobei ihre Säurestärke im Vgl. mit der Perchlorsäure etwas schwächer ist.

Die Sauerstoffsäuren des Broms:
Name Unterbromige Säure Bromige Säure Bromsäure Perbromsäure
Molekülmodell
Formel HOBr HBrO2 HBrO3 HBrO4
pKs-Wert 8,68 2,85 0 -8
Redoxpotential (pH0)
BrOx-

Br- + (2x) e- + x O
+1,60 V +1,69 V +1,48 V +1,59 V
Verwendung von Brom und seinen Verbindungen : Elementares Brom:
  • Oxidationsmittel. Gleich dem Chlor wird das Brom, vor allem in seiner wässrigen Lösung als Bleich-, Desinfektions- oder Oxidationsmittel verwendet. Bromwasser wirkt stärker desinfizierend als Chlorwasser, da es mehr Brom in gelöster Form enthält.

  • Organische Synthese. Viele Arzneistoffe, aber auch Herbizide und andere synthetisch hergestellte Chemikalien enthalten Brom. Um diese herzustellen, werden große Mengen an Brom benötigt. (Einige Verbindungen werden im nächsten Abschnitt abgehandelt).

  • Kautschukbehandlung. Die Luftundurchlässigkeit von Reifen aus Kautschuk kann durch Behandlung mit Brom stark erhöht werden, weswegen Brom hier in großen Mengen zum Einsatz kommt.
Bromverbindungen:
  • Tetrabromethylen war früher ein Blei-Absorbator, welcher das im Benzin enthaltene Blei(IV)tetraethyl bei der Verbrennung in Blei(II)bromid überführte, und damit verhinderte, dass sich das Blei in oxidischer Form im Motorgehäuse oder der Auspuffinnenverkleidung ablagerte. Diese Verwendung ist durch das Verbot bleihaltiger Kraftstoffe obsolet geworden.

  • Bromaceton wird von der Polizei als Tränengas verwendet. Chemisch betrachtet, stellt es 1-Brompropan dar (Bromaceton). Bromaceton wirkt stark reizend auf Augen und Schleimhäute, in höheren Konzentrationen auch auf die Haut. Nach Ende der Exposition verschwinden die Reizsymptome jedoch sehr schnell wieder.

  • Silberbromid (AgBr) wurde früher in großem Maßstab zur Herstellung photografischer Platten bzw. von Fotopapier verwendet.

  • Flammschutzmittel für Leiterplatten. Hierfür werden mehrfach bromierte Biphenyle bzw. Diphenylether verwendet.

  • Methylbromid wird als Insektizid verwendet.

  • Tranquilizer. Früher wurde anorganisches Bromid (KBr) als Tranquilizer zur Behandlung von Epilepsie oder als Beruhigungsmittel verwendet. Aufgrund zahlreicher Nebenwirkungen wurde diese Verwendung jedoch zugunsten organischer Brompräperate aufgegeben.
Sonstiges: Bromatometrie. Bei dieser Art von Redoxtitration wird die stark oxidierende Wirkung des Bromat-Ions gerade im sauren Bereich ausgenutzt, um reduzierend wirkende Substanzen quantitativ zu erfassen: Man titriert diese Substanzen gegen eine Bromat-Maßlösung. Man setzt dem Ansatz einen organischen Farbstoff zu, beispielsweise Methylorange oder Methylenblau. Am Endpunkt der Titration wird elementares Brom ausgeschieden, welches den organischen Farbstoff reduktiv zersetzt, und die Lösung dadurch entfärbt.

Bromatometrie:

a) Reduktion des zu titrierenden Analyten:
BrO3- + 6e- + 6H3O+ → Br- + 9H2O

b) Bromausscheidung am Endpunkt:
5Br- + BrO3- + 6H3O+ → 3Br2 + 9H2O


Analytik: In der qualitativen Analytik kann Bromid durch Oxidation zu Brom nachgewiesen werden. Hierzu versetzt man die Analysenlösung mit Chlorwasser, welches evtl. enthaltenes Bromid zu elemantarem Brom oxidiert. Dieses schüttelt man gegen Petrolether aus, in welches es aufgrund seiner besseren Löslichkeit übergeht.

Metallbromide sind mit Ausnahme von Thallium(I)bromid, Blei(II)bromid, Silber(I)bromid und Quecksilber(I)bromid wenigstens mäßig in Wasser löslich.

In der organischen Chemie wird Brom zum Aufspalten von Doppelbindungen (Alkenen) verwendet. Umgekehrt ist Brom auch ein Reagenz auf Verbindungen mit Doppelbindungen, da diese eine Bromlösung entfärben können.

Brom in der qualitativen Analytik

Brom in Petroletherphase[4]

Blei(II)bromid als Niederschlag[4]

Silberbromid als Niederschlag[4]


Quellen: [1] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: Rob Lavinsky. Das Bild ist unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz freigegeben.

[2] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: Peko. Das Bild wurde vom Urheber als gemeinfrei veröffentlicht.

[3] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: Bartjk. Das Bild ist unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz freigegeben.

[4] Eigenes Bild. Dieses Bild darf unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz frei verwendet werden. Bei Verwendung bitte einen Link auf mein Web-Angebot setzen.