31, Gallium (Ga)

lat. gallia = Gallien, Frankreich

Das Element Gallium:

         
  Mg Al Si  
  Zn Ga Ge  
  Cd In Sn  
         
 
   
   
   
   
   
   
   
Natürliche Entstehung von Gallium (Nukleosynthese): Gallium wird bei der Nukleosynthese in Form zweier stabiler Nuklide entweder nach Supernova-Explosionen (r-Prozess) oder in Roten Riesen (s-Prozess) gebildet wird. Von 10 Atomen Gallium bestehen rd. 6 aus Ga-69 und rd. 4 aus Ga-71.

Die Gallium-Synthese:
69Ga-Synthese:
(s- oder r-Prozesse):

68Zn + n → 69Ga + β- + 7,39 MeV

56Fe + 13n → 69Ga + 5β- + 114 MeV

71Ga-Synthese:
(s- oder r-Prozesse):

70Zn + n → 71Ga + β- + 8,65 MeV

56Fe + 15n → 71Ga + 5β- + 131 MeV



Vorkommen von Gallium: Gallium kommt im Universum durchschnittlich zu etwa 10 μg/kg in der Materie vor (Rang 39). Damit ist es in etwa so häufig wie Blei oder Barium. Auf der Erde hat es sich eng mit dem Aluminium vergesellschaftet, wodurch es sich angereichert hat. Es ist am Gesamtaufbau der Erde mit 3,1 mg/kg beteiligt (Rang 31), wobei es in der Erdkruste mit durchschnittlich 19 mg/kg zu finden ist (Rang 35).

Mineralische Vorkommen von Gallium gibt es nur sehr wenige, so etwa die seltenen Mineralien Gallit (CuGaS2), Tsumgallit (GaOOH) und Soehngeit (Ga(OH)3). Die beiden letztgenannten sind Mikromineralien, die nur als Verwitterungsprodukte auf galliumhaltigem Germanit vorkommen, und im Ggs. zum Gallit keine eigenständigen Lager bilden. Für die Gewinnung des Metalls sind diese jedoch bedeutungslos.

Das weitaus größere Vorkommen des Elements ist in Vergesellschaftung seines leichteren Homologen Aluminiums im Bauxit (bis zu 0,01% Ga). Dieser enthält stets eine kleine Menge Gallium. In etwas stärkerem Maße angereichert findet sich Gallium im Sphalerit (Zinkblende, ZnS), welcher bis zu 0,01% Ga enthalten kann. Germanit (Cu13(FeGeS8)2) enthält bis zu 1% Ga.

Galliumhaltige Mineralien

Bauxit
Al2O3[1]

Sphalerit
ZnS[2]

Germanit
5Cu2S•3CuS•2FeS2•2GeS2[2]
 
Gallit, CuGaS2[2]
 


Gallium-Gewinnung: Aus Bauxit. Die Hauptmenge des Galliums wird als Nebenprodukt aus Bauxit gewonnen. Da Gallium elektronegativer als Aluminium ist, ist das Hydroxid des Galliums stärker sauer als das des Aluminiums. Daher verbleibt die Hauptmenge des Galliums nach dem Verdünnen und Impfen der Aluminat-Lösung während des Bayer-Prozesses in Lösung, während das Aluminiumhydroxid ausfällt.. Es reichert sich in der Prozess-Natronlauge also immer weiter an. Gallium ist mit einem Normalpotential von -1,33 V (bei pH 14) wesentlich edler als Aluminium (-2,33 V), und kann durch wässrige Elektrolyse bei 40 bis 60°C aus der Natronlauge durch Verwendung einer flüssigen Quecksilberkathode gewonnen werden. Dabei entsteht Galliumamalgam. Dieses Galliumamalgam ist sehr reaktiv, und wird mit Natronlauge zu Natriumgallat und Quecksilber umgesetzt. Während das Quecksilber in den Prozess zurückgeführt werden kann, wird die Natriumgallat-Lösung abermals elektrolysiert, dieses Mal gegen eine Eisenkathode. Dadurch fällt das Gallium flüssig an, und sammelt sich am Gefäßboden. Solch gewonnenes Gallium hat nach dem Waschen in Salzsäure bereits eine Reinheit von über 99,9%. Zur Verwendung in der Halbleitertechnik sind jedoch Reinheiten von über 99,999999% gefordert, welche man durch wiederholtes Zonenschmelzen erreichen kann.[3]

Aus Sphalerit. Bei der Zinkgewinnung im Muffelofen sammelt sich Gallium, zusammen mit Indium in der Röstasche an. Dieser schlägt man Kupferoxid, sowie Soda und Kalk zur Verschlackung von Aluminium und Silicium zu und schmilzt unter reduktiven Bedingungen (Koks) ein. Dadurch erhält man einen Kupferregulus, in dem sich unter anderem das in der Flugasche enthaltene Gallium legiert. Diese Legierung wird nun im Chlorstrom vollständig zu Chloriden umgesetzt, wobei FeCl3 als Katalysator verwendet wird. Es entsteht ein Chlorid-Gemisch, welches hauptsächlich aus Kupfer(II)chlorid (CuCl2), Galliumchlorid (GaCl3), Indiumchlorid (InCl3) und Germaniumchlorid (GeCl4) besteht. Durch Umkristallisation werden Gallium- und Indiumchlorid vom Kupferchlorid getrennt. Vom Indium kann das Gallium z.B. durch Ausnutzung des bei Weitem stärker ausgeprägten sauren Charakters des Hydroxids trennen. So ist Ga(OH)3 bereits oberhalb pH 7 wieder als Tetrahydroxidogallat löslich, während sich Indiumhydroxid erst oberhalb pH 9,5 merklich zum analogen Komplex löst. Nach Abfiltrieren des unlöslichen Indium(III)hydroxids erhät man eine Natriumgallat-Lösung, welche dann wie bei der Gewinnung aus Bauxit weiterbehandelt werden kann.[3]

Gallium-Gewinnung

Schema Galliumgewinnung[4]
Chemie von Gallium: Gallium hat die Elektronenkonfiguration [Ar] 4s2 3d10 3p1. Es reagiert daher in Verbindungenganz vorwiegend in der Oxidationsstufe +3. Daneben existieren von Gallium auch schon Festkörperverbindungen, in denen es in der Oxidationsstufe +1 vorliegt, im Ggs. zu seinen leichteren Homologen Bor und Aluminium, bei welchen diese Oxidationsstufe nur in der Gasphase bekannt ist. Diese Verbindungen wirken als starke Reduktionsmittel. Gallium(II)-Verbindungen sind stets Gemische aus Ga(I)- und Ga(III)-Verbindungen, eine echte Zweiwertigkeit tritt bei Gallium niemals auf.

Reaktionen an der Luft. Gallium überzieht sich an der Luft mit einer dünnen, aber kompakten Oxidschicht, welche das Metall vor weiterer Oxidation schützt. Dies gilt auch für das geschmolzene Metall, welches auch bei 2000°C noch nicht verbrennt: Die Oxidschicht legt sich in diesem Falle als feine Haut über die Schmelze, so dass auch sie vor weiterer Oxidation geschützt ist. Galliumoxid ist in Gallium nur schlecht löslich. Allerdings wird diese Löslichkeit durch Druck erhöht, weswegen Gallium bei hohen Drücken in reinem Sauerstoff verbrennt.

4Ga + 3O2 → 2Ga2O3 + 2178,2 kJ


Reaktionen gegenüber Wasser, Säuren und Laugen: Gegenüber Wasser und nur schwach dissoziierten Säuren ist Gallium dank der Ausbildung einer schwerlöslichen Hydroxidschicht beständig. Gegenüber nichtoxidierenden Säuren, die diese Hydroxidschicht aufzulösen vermögen löst sich das Metall unter mehr oder weniger lebhafter Wasserstoffentwicklung zu entsprechenden Gallium(III)-Salzen auf. Gegenüber oxidierenden Säuren ist das Metall aufgrund Passivierung beständig, so wird es von Salpetersäure oder Schwefelsäure nicht angegriffen. In wässrigen oder geschmolzenen Alkalien reagiert Gallium sofort lebhaft zu Gallaten unter Wasserstoffentwicklung. Frisch gefälltes Galliumhydroxid zeigt ebenfalls amphoteres Verhalten; es löst sich gleichsam in Säuren und Laugen auf. Galliumoxid im gealterten Zustand dagegen ist in Säuren unlöslich, und wird von Laugen beim Kochen nur langsam aufgelöst.

Reaktionen mit Halogenen. Mit Chlor, Brom und Iod reagiert Gallium bei gelindem Erwärmen lebhaft unter Bildung entsprechender Halogenide. Mit Fluor erfolgt eine Reaktion schon bei Raumtemperatur unter Bildung von Galliumtrifluorid. Während Gallium(III)fluorid ionogen aufgebaut ist, sind Gallium(III)chlorid, -bromid und -iodid allesamt Molekülverbindungen. Sie reagieren in dieser Form heftig mit Wasser unter Bildung ihrer Hydrate. So schmilzt das wasserfreie Galliumchlorid bereits bei 83°C. Galliumtrifluorid ist in Wasser schwerlöslich, die anderen Halogenide leichtlöslich.

Eigenschaften der Galliumhalogenide
  Galliumfluorid Galliumchlorid Galliumbromid Galliumiodid
Formel (wasserfrei)
Raumtemperatur
GaF3 Ga2Cl6 Ga2Br6 Ga2I6
Formel (wasserhaltig) GaF3•3H2O GaCl3•6H2O GaBr3•6H2O GaI3•6H2O
Schmelzpunkte (wasserfrei) 800°C 83°C 121,5°C 212°C
Molekülmodelle

Galliumsulfid, -nitrid und -phosphid. Beim Erwärmen mit Schwefelblüte reagiert Gallium zu Gallium(III)sulfid (gelb). Dieses hydrolysiert beim Lösen in Wasser vollständig zu Galliumhydroxid und Schwefelwasserstoff. Galliumnitrid (GaN) kann durch Reaktion von Gallium mit Ammoniak oberhalb 1050°C gewonnen werden, es stellt eine, dem Aluminiumnitrid isomorphe, hochpolymere Verbindung dar. Galliumphosphid (GaP) wird aus den Elementen bei hohen Temperaturen unter Druck gewonnen, da es sich bereits ab 900°C wieder in die Elemente zersetzt. Es zählt zu den (III/V)-Halbleitern.

Gallium-Ionen und wässrige Chemie. Galliumsalze dissoziieren in Wasser zu Hexahydratogallium(III)-Ionen sowie den entsprechenden Anionen. Diese Hexahydratogallium(III)-Ionen unterliegen der Hydrolyse, so dass Galliumsalze (mit neutralem Anion) stets sauer reagieren, und zwar stärker als die analogen Aluminiumverbindungen:

Ga(H2O)63+ + H2O → Ga(H2O)5(OH)2+ + H3O+; pKS=2,92

Versetzt man Galliumsalze mit Natronlauge, so fällt ab ca. pH 4,5 ein voluminöser, gallertartiger, weißer Niederschlag aus, der sich bereits bei pH 7 wieder unter Bildung von Ga(OH)4--Ionen auflöst.

Ga(OH)3 + OH- → Ga(OH)4-; pKB=7,70

Physikalische Besonderheiten von Gallium bzw. von seinen Verbindungen: Flammenfärbung. Regt man Galliumatome energetisch (Wärmezufuhr) an, so zeigt es eine blauviolette Flammenfärbung mit Hauptemissionslinien bei Wellenlängen von 417,1 nm und 403,1 nm. Diese kommt dadurch zustande, dass s- und p-Elektronen durch die energetische Anregung auf das - beim Gallium nicht besetzte - 4d-Orbital angehoben werden. Beim Herabfallen auf die Ursprungsniveaus wird die dabei freiwerdende Energie in Form von Licht emittiert.


Flammenfärbung eines Gallium-Salzes[4]


Flüssiges Gallium ist in mehrerlei Hinsicht bemerkenswert: Es neigt sehr leicht dazu, eine unterkühlte Schmelze zu bilden: Schmilzt man das Metall, und stellt die Schmelze beispielsweise in den Kühlschrank, so bleibt sie bis -20°C flüssig. Erst durch Zugabe von Impfkristallen oder durch das Anritzen des Glases mit einer Metallnadel tritt Kristallisation ein. Kaum ein anderes Element neigt so zur Ausbildung dieses Effektes wie Gallium. Die zweite Besonderheit der Flüsigkeit ist, dass ihr Volumen beim Erstarren - wie bei Eis - zunimmt; seine Dichte folglich abnimmt. Gallium zeigt also - wie Wasser, die Halbmetalle und einige andere Metalle (Wismut, Plutonium) eine Schmelzanomie. Die Volumenzunahme beim Schmelzen beträgt 3,23%. Daher wird Gallium nach dieser Betrachtungsweise zu den Halbmetallen gerechnet.

Warum Gallium so tief schmilzt. Während beim Quecksilber - dem bekanntesten Beispiel für ein tief schmelzendes Metall eine schwache Metallbindung für seinen außergewöhnlich tiefen Schmelzpunkt verantwortlich ist, liegt die Ursache hierfür beim Gallium woanders. Festes Gallium hat eine außergewöhnliche, unregelmäßige Kristallstruktur. Außerdem dimerisieren sich freie Galliumatome gerne, weswegen diese Ga2-Einheiten mit zunehmender Temperatur wie ein Fremdstoff im Ga-Gitter wirken, und dieses in seiner Struktur wesentlich stören. Dadurch bedingt schmilzt das Metall sehr tief - und auch der Effekt der unterkühlten Schmelze kann damit erklärt werden. Im Gegensatz zum Quecksilber kann Gallium relativ leicht Elektronen vom Valenz- in das Leitungsband anheben, wodurch es eine metalltypische elektrische Leitfähigkeit hat. Diese Elektronen sorgen auch in der Flüssigkeit dafür, dass keine einzelnen Atome in die Gasphase gelangen: Daher hat Gallium bei 30°C auch einen sehr niedrigen Dampfdruck. Es siedet erst oberhalb 2403°C - nur unwesentlich tiefer als das Aluminium (Sdp. 2519°C).
Verwendung von Gallium und seinen Verbindungen : Gallium in elementarer Form:
  • p-Dotierungsmittel für Silicium oder Germanium. Durch die Zugabe geringer Mengen (auf atomarer Ebene) von Gallium zu diesen beiden Halbmetallen kann man gezielt eine Elektronenlücke erzeugen. Damit wird das Halbmetall nicht mehr für weitere überschüssige Elektronen leitend, sondern nur für eine - auf Elektronenmangel beruhende - positive Ladung. Das Galliumatom im Si (bzw. Ge)-Gefüge wirkt als Elektronenakzeptator. Dies macht man sich beim Bau von Gleichrichtern zunutze, die in der Lage sind, aus Wechselstrom (pulsierenden) Gleichstrom zu erzeugen.

  • Hochtemperatur-Thermometer. Aufgrund des großen Flüssigkeitsbereich von über 2300K wird Gallium zur Füllung von Thermometern genutzt, die Temperaturbereiche zwischen 100 und 1200°C anzeigen können.

  • Fieberthermometerfüllungen, die frei von Quecksilber sind, enthalten stattdessen eine Legierung aus Gallium, Indium und Zinn (Galinstan™). Galinstan™ der Zusammensetzung 68% Ga, 21% In und 11% Sn ist bis -19°C flüssig. Da sie im Ggs. zu Quecksilber auf Glas benetzend wirkt, muss die Kapillare mit einer Schicht von Galliumoxid imprägniert werden. Diese Metallfüllungen sind völlig ungiftig.
Galliumverbindungen:
  • Halbleiter des Typs (III/V) kann man durch Zusammenschmelzen äquivalenter Mengen von Gallium mit Stickstoff, Phosphor, Arsen oder Antimon erhalten. Diese werden zum Bau von Solarzellen verwendet.

  • Indiumgalliumnitrid, (In|Ga)N wird zum Bau von Leuchtdioden verwendet, die je nach Zusammensetzung Licht vom nahen UV-Bereich bis hin zu Grün emittieren können. Aus (In|Ga)N werden auch Laserdioden zum Beschreiben und Lesen von Blue-Ray-Discs (405,0 nm) gefertigt. Dies ist die momentan wichtigste Verwendungsmösglichkeit von Gallium. (In|Ga)N stellt einen Halbleiter dar, der eine recht hohe Storstellentoleranz hat, es daher möglich ist, mehrere photoempfindliche Schichten unterschiedlicher Zusammensetzung übereinanderzulegen. Dadurch erhält man eine Solarzellen-Anordnung, die ein relativ breites Spektrum des Sonnenlichtes in elektrische Energie umwandeln kann.[5]
Verwendungsbeispiele für Gallium und seine Verbindungen

Blaue Leuchtdiode[6]

Galinstan™-befülltes Thermometer.[7]

Gleichrichter[4]
Quellen: [1] Bildquelle: Bild einer US-Behörde, welches in Ausübung des Dienstes angefertig wurde. Solche Bilder sind gemeinfrei, wenn es nicht ausdrücklich anders angegeben ist.

[2] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: Rob Lavinsky. Das Bild ist unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz freigegeben.

[3] Textquellen: a) Holleman-Wiberg, Lehrbuch der Anorganischen Chemie, 102. Auflage, Seite 1179. b) Umweltgeologisches Seminar WS 2003/4, Prof. Dr. Doris Stüben, Dr. Stefan Norra.

[4] Eigenes Bild. Dieses Bild darf unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz frei verwendet werden. Bei Verwendung bitte einen Link auf mein Web-Angebot setzen.

[5] Wikipedia: Artikel Indiumgalliumnitrid.

[6] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: © 2005, by Christian Pelant. Der Urheber gestattet jedermann jede Form der Nutzung, unter der Bedingung der angemessenen Nennung seiner Urheberschaft. Weiterverbreitung, Bearbeitung und kommerzielle Nutzung sind gestattet.

[7] Bildquelle: http://www.proaktivo.de.