53, Iod (I)

Iodine, gr. ioeides = veilchenfarben

Das Element Iod:

         
  Se Br Kr  
  Te I Xe  
  Po At Rn  
         
 
   
   
   
   
   
   
   
Natürliche Entstehung von Iod (Nukleosynthese): Iod hat mit 127 Nukleonen nur ein einziges stabiles Isotop, und ist damit das 13. Reinelement. Es wird sowohl mittels s-Prozessen in massereichen Roten Riesen, als auch durch p-Prozesse nach Supernova-Explosionen heraus gebildet. Neben dem einzig stabilen Iod-127, wird auch das Isotop Iod-129 in größeren Mengen gebildet; dies zerfällt jedoch mit einer Halbwertszeit von 15,7 Mio. Jahren weiter zu Xenon-129.

Die Iod-Synthese:
127I-Synthese:
(s- und p-Prozesse):

126Te + n → 127I + β- + 6,99 MeV

56Fe + 71n → 127I + 27β- + 601 MeV

129I-Synthese:
(s- und p-Prozesse):

128Te + n → 129I + β- + 7,58 MeV

56Fe + 73n → 129I + 27β- + 617 MeV

129I → 129Xe + β-; τ½ ~ 15,7 Mio. Jahre

Vorkommen von Iod: Im Universum ist Iod ein selten gebildetes Element, weil ein Großteil des gebildeten Iod-127 mit weiteren Neutronen zu Xenon oder Tellur umgesetzt wird (Neutroneneinfangquerschnitt: 6,15 barn). So besteht die Durchschnittsmaterie gerade einmal zu 0,9 μg/kg aus Iod (Rang 64). Iod ist damit in etwa so häufig wie Quecksilber, Wismut oder Beryllium. Durch den Umstand, dass sich der größte Teil des Iods bei der Enstehung der Erde in elementarer Form in das Weltall verflüchtigt hat, und zu einem weit geringeren Anteil als die leichteren Halogene an elektropositive Metall gebunden wurde, fand keine stärkere Anreicherung statt: Am Gesamtaufbau der Erde ist Iod mit ca. 0,014 mg/kg beteiligt (Rang 73), wobei sich fast alles Iod in der Erdkruste befindet: Diese besteht durchschnittlich zu 0,45 mg/kg aus Iod (Rang 45).

Anorganische Iodvorkommen: Eigene Iodmineralien gibt es nicht. Iod kommt im Gegensatz zu Chlor und Brom nicht nur als Halogenid, sondern auch als Halogenat natürlich vor; so sind viele Iodate (IO3-) mit den Nitraten (NO3-) isomorph. Daher liegt das anorganische Hauptvorkommen als Verunreinigung im Chilesalpeter (bis zu 1%), aus dem es großtechnisch gewonnen wird. Chilesalpeter wird teilweise zur Herstellung von Düngemittel verwendet; hierbei muss das als Pflanzengift wirkende Iodat entfernt werden. In japanischen und nordamerikanischen Solwässern aus der Erdöl und Erdgasgewinnung kann es auf bis zu 100 mg/L angereichert sein, hier liegt es als Iodid vor. Sonst ist das anionische Vorkommen des Iods eher selten, weil Iodid bereits durch den Luftsauerstoff oxidiert werden kann. Eine untergeordnete Rolle spielt der HI-Gehalt vulkanischer Gase.

In der belebten Natur kommt Iod vor allem in Meeresalgen (Seetang) vor, woraus es ebenfalkls gewonnen werden kann. Das Meerwasser selber enthält nur 60 μg/L Iod, der Seetang reichert es auf 6 g/kg Trockenmasse an. Im Organismus von Chordatieren findet sich Iod in organisch gebundener Form als Thyroxin in der Schilddrüse (bzw. im Endostyl).

Natürliche Vorkommen von Iod

Seetang[1]

Chilesalpeter[2]

Thyroxin-Molekül
Iod-Gewinnung: Aus Tang: Früher wurde Iod fast ausschließlich aus Seetang gewonnen. Hierfür wird er getrocknet und verbrannt, wodurch die enthaltenen organischen Iodverbindungen in der Tangasche in Form von Iodat und Iodid zurückbleiben. Die Asche wird mit Schwefelsäure versetzt, wodurch Iodat mit Iodid zu elementarem Iod komproportionieren, welches dank der Reaktionswärme abdampft.

Aus Chilesalpeter: Chilesalpeter (Kalisalpeter) enthält bis zu 1% Iodate. Diese können mittels Schwefeldioxid zu Iodid reduziert werden. Führt man die Reduktion so durch, dass ein Teil des Iodats unverändert zuruckbleibt, während fünf Teile zu Iodid reduziert werden, so entsteht direkt elementares Iod.

Aus Solwässern: Hier liegt das Iod anionisch als Iodid (I-) vor, welches mittels Chlor zu Iod oxidert und mit Luft ausgeblasen wird.

Bei allen drei Verfahren erhält man zunächst noch ein recht unreines Iod (80 - 95%). Dieses kann gereinigt werden, indem es mittels Schwefeldioxid reduziert, und anschließend mit Chlor wieder oxidiert wird. Anschließend kann es durch Resublimation weiter gereinigt werden. Als Nebenprodukte dieser Reinigung entstehen Chlorwasserstoffgas und Schwefelsäure.


Darstellung elementaren Iods:

a) Reduktion des im Chilesalpeter enthaltenen Iodats mittels Schwefeldioxid:
I. 5IO3- + 15SO2 → 5I- + 15SO3
II. IO3- + 5I- + 6H3O+ → 3I2 + 9H2O
III.15SO3 + 45H2O → 15SO42- + 30H3O+
Σ: 6IO3- + 15SO2 + 36H2O → 3I2 + 15SO42- + 24H3O+


b) Reinigung des Rohiods durch Reduktion mit SO2 und anschließende Oxidation mit Cl2:
I. I2 + SO2 + 6H2O → 2I- + SO42- + 4H3O+
II. 2I- + Cl2 → 2Cl- + I2
Σ: SO2 + 6H2O + Cl2 → SO42- + 2Cl- + 4H3O+



Elementares Iod / Bilder zur Iodgewinnung

Elementares Iod[3]

Iodkristall[4]

Schema: Iodgewinnung
aus Chilesalpeter[3]
Chemie von Iod: Wie allen anderen Halogenen auch, fehlt dem Iod mit seiner Elektronenkonfiguration [Kr] 5s24d105p5 nur noch ein einziges Elektron zum Erreichen des (Xenon-)Edelgaszustandes. Im Vergleich zu seinen leichteren Homologen ist jedoch die Affinität zur Aufnahme eines Elektrones merklich geringer - Iod ist von den stabilen Halogenen das schwächste Oxidationsmittel, bzw. Iodid-Ionen sind von allen Halogenid-Ionen die stärksten Reduktionsmittel. Neben der Oxidationsstufe -1 sind auch die Iodate in der Natur zu finden, was auf eine erhöhte Stabilität der Oxidationsstufe +5 hindeutet. Die Oxidationskraft der Periodate übertrifft jene der Perchlorate, nicht aber die der Perbromate.

Reaktionen mit Metallen: Mit Iod reagieren selbst die (leichten) Alkalimetalle nur noch beim Erhitzen, so findet eine durchgreifende Reaktion mit Natrium erst oberhalb dessen Schmelzpunktes (98°C) statt. Heftiger verlaufen allerdings die Reaktionen mit Kalium und den schweren Alkalimetallen. Mit Erdalkalimetallen, den Elementen der 3. und 13. Gruppe reagiert Iod erst bei stärkerem Erhitzen. Tendenziell reagieren die Übergangsmetalle mit dem Iod in die niedrigste der positiven Oxidationsstufe, womit das Iod ein Pendant zum Fluor bildet (welches ja alle Metalle in deren höchste Oxidationsstufe zu überführen vermag).

Reaktionen mit elektropositiveren Nichtmetallen/Halbmetallen: Mit Schwefel, Phosphor, Selen, Antimon, Arsen usw. reagiert Iod entweder überhaupt nicht oder erst beim Erhitzen unter Druck. Mit rotem Phosphor reagiert Iod nur unmerklich, mit weißem Phosphor setzt sich Iod in Schwefelkohlenstoff langsam zu Phosphor(III)iodid um.

Reaktionen mit Wasserstoff: Bei Raumtemperatur findet keine merkliche Umsetzung zwischen Iod und Wasserstoff zu Iodwasserstoff statt. Bereits bei 1000°C ist jedoch das Gleichgewicht zwischen Iod, Wasserstoff und Iodwasserstoff fast vollständig zur Eduktseite hin verschoben. So gelingt die Reindarstellung von HI aus den Elementen nur noch unter Verwendung eines Katalysators (Platin) bei nicht zu hohen Temperaturen (<500°C). Iodwasserstoff ist leicht oxidierbar, so scheidet sich aus ihm bereits in feuchter Luft Iod aus. Die wässrige Lösung reagiert stark sauer; die Iodwasserstoffsäure zählt zu den stärksten anorganischen Säuren.

H2 + I2(g) 2HI + 18,8 kJ

Reaktionen mit Sauerstoff: In einer Glimmentladung reagiert Iod mit Sauerstoff zu Iodpentoxid (I2O5), dem Anhydrid der Iod(VF)säure. Oberhalb von 300°C ist dieses Oxid jedoch zersetzlich; es bildet dann Iod und Sauerstoff zurück.

Reaktionen mit Wasser: In Wasser löst sich Iod schlechter als Chlor und Brom. So enthält eine gesättigte Lösung 28 mg Iod. Durch Zugabe von Iodid-Ionen wird diese Löslichkeit jedoch aufgrund von I3--Ionenbildung enorm gesteigert. Das Iod ist im Wasser jedoch nur physikalisch gelöst; im Gegensatz zu Fluor, Chlor und Brom findet auch am Sonnenlicht oder Erwärmen keine Reaktionen nach HI + HOI statt.

Reaktionen mit Laugen: In Natronlauge reagiert Iod gleich seinen leichteren Homologen Chlor und Brom unter Disproportionierung zu Iodid und Hypoiodit.

Reaktion mit Säuren: Mit Schwefelsäure sind Iod-Salze zugäglich, in welchen das Iod kationisch (I2+) vorliegt. So bildet sich in konz. H2SO4 das tiefblaue Salz I2HSO4.

Die Sauerstoffsäuren des Iod:Vom Iod sind sowohl die Iod(V)säure als auch die Orthoperiodsäure in Substanz bekannt. Alle anderen Säuren existieren entweder nur in Form ihrer Salze oder sind unbekannt.

Hypoiodige Säure (HOI) ist die unbeständigste und zugleich schwächste der Halogen(I)sauerstoffsäuren. Sie kann als verdünnte Lösung kurzzeitig durch das Umsetzen von HgO mit I2 erhalten werden. Sie disproportioniert rasch weiter zu Iodid und Iodat. Etwas beständiger, jedoch deutlich instabiler als entsprechende Chlor- und Bromverbindungen sind die Hypoiodite (mit dem Anion IO-).

Iodige Säure (HIO2) ist von allen Halogensauerstoffsäuren die instabilste. Über sie ist nur sehr wenig bekannt. Im Gegensatz zu den Chloriten und Bromiten sind die Iodite selbst in alkalischer Lösung unbeständig; die disproportionieren nach Bildung rasch zu Iodid und Iodat.

Iodsäure (HIO3) kann aus Iodaten und Schwefelsäure wasserfrei erhalten werden. Sie ist die stabilste der Iodsauerstoffsäuren, und ist eine starke Säure, jedoch schwächer als Bromsäure und Chlorsäure. Von diesen drei Säuren wirkt sie am wenigsten stark oxidierend.

Periodsäure (HIO4) ist in ihrer Metaform als freie Säure unbekannt. Ihr Bestreben zum Anlagerung von Wasser unter Hydroxylgruppenbildung ist so groß, dass in Substanz nur die Orthoperiodsäure (H5IO6) bekannt ist. Im Gegensatz zu den beiden anderen Halogen(VII)sauerstoffsäuren ist die Orthoperiodsäure eine schwache fünfprotonige Säure. Sie neigt stark zur Polymerisation, so dass sich konzentriertere Lösungen zu Di- oder Trisäuren unter Wasserabspaltung kondensieren. Endprodukt dieser Entwässerung ist die Polyperiodsäure, (HIO4)n. Gegenüber starken Säuren vermag die Orthoperiodsäure sogar als Base zu wirken (H6IO6+-Ionenbildung).

Die Sauerstoffsäuren des Iods:
Name Unteriodige Säure Iodige Säure Iodsäure Orthoperiodsäure
Molekülmodell
Formel HOI HIO2 HIO3 H5IO6
pKs-Wert 10,64 ? 0,804 3,29
Redoxpotential (pH0)
IOx-

I- + (2x) e- + x O
+1,44 V >+1,69 V +1,19 V +1,32 V
Physikalische Besonderheiten von Iod bzw. von seinen Verbindungen: Eindimensionaler Halbleiter. Festes Iod hat alle Eigenschaften eines Halbleiters, seine Schmelze leitet den elektrischen Strom. Dies kommt daher, dass es zwischen benachbarten Iodmolekülen im Schichtgitter bereits zu EWlektronenübergängen kommen kann - die Iodatome sind schon vergleichsweise groß und die Außenelektronen teilweise nicht mehr so fest gebunden, wie dies noch bei den leiteren Homologen Brom und Chlor der Fall ist. Aus diesem Grund kommt Iod auch bereits bevorzug in einer positiven Oxidationsstufe (+5) in der Natur vor, nicht wie die leichteren Halogene, welche in der Natur fast ausschließlich in anionischer Form in der Oxidationsstufe -1 vorkommen. Innerhalb der Gruppe der Halogene macht also das Iod gewissermaßen der ersten Schritt hin zum Metall.


Schichtstruktur des festen Iods
Verwendung von Iod und seinen Verbindungen : Iod hat nur wenige technische Verwendungsmöglichkeiten, wovon hier einige genannt sein sollen:
  • Desinfektionsmittel. Iodtinktur oder Iod-Kaliumiodid-Lösung werden als Antiseptikum und Antimyotikum im medizinischen Bereich eingesetzt. Die Desinfektionswirkung beruht wahrscheinlich sowohl auf einer direkten Oxidationswirkung des Iods als auch einer Freisetzung von Sauerstoff in Verbindung mit Wasser und Sonnenlicht.

  • Kaliumiodat als Iodierungsmittel von Speisesalz in Iodmangelgebieten.

  • Stärkenachweismittel. Mit Stärke reagiert Iod zu einem tiefblauen Amylkomplex; diese Reaktion ist sehr empfindlich, so dass Iod ein gutes Nachweismittel auf Stärke (und umgekehrt auch Stärke ein gutes Nachweismittel auf Iod) ist.

  • Iodtabletten. Diese sollen als Prophylaxe im Strahlenschutz dienen. Siehe hierzu auch weiter unten (Sonstiges).
Sonstiges: Radioiod: Durch die Reaktorkatastrophen von Tschernobyl (23.04.1986) und Fukushima (12./13.03.2011) wurden erhebliche Mengen des radioaktiven Isotops Iod-131 in Freiheit gesetzt. Dieses Nuklid stellt zusammen mit Cäsium-137, Xenon-133 und Krypton-85 die vier Hauptspezies an Radionukiden dar, die nach Reaktorexplosionen/Atombombenexplosionen in relevanten Mengen in die Umwelt emittiert werden: Einerseits treten diese Nuklide mit relativ hoher Häufigkeit als Spaltprodukte bei der Urankernspaltung auf, andererseits sind chemische Verbindungen dieser Nuklide bzw. die Nuklide selber, bereits bei Temperaturen unter 1000°C gasförmig und werden nur schwer oder überhaupt nicht von Staub adsorptiv gebunden. Radioiod (I-131) zerfällt mit einer Halbwertszeit von rd. Tagen weiter zu Xe-131, es emittiert dabei Elektronen und Gammaquanten (0,971 MeV bzw. 93,7•106 kJ/mol). Wird I-131 inkorporiert, so kann dies zu Schilddrüsenkrebs führen. Sättigt man jedoch die Schilddrüse für den Zeitraum der Exposition mit nichtradioaktivem Iod ab, so nimmt sie kein Radioid auf, weswegen nach nuklearen Katastrophen Iodtabletten ausgegeben werden. Diese schützen also nicht vor den Folgen der radioaktiven Strahlung, wie vielfach geglaubt wird, sondern ausschließlich vor der Aufnahme des I-131 in die Schilddrüse.

Löslichkeit der Iodide: Die Metalliodide sind meist leichtlöslich. Ausnahmen sind Silberiodid (AgI), Thallium(I)iodid (TlI), Quecksilber(I)iodid ([Hg2]I2), Quecksilber(II)iodid (HgI2), Blei(II)iodid (PbI2) und Wismut(III)iodid (BiI3). Mit Ausnahme von Silber-, Blei(II)- und Thallium(I)iodid sind diese Iodide jedoch im Iodid-Überschuss wieder unter Komplexbildung löslich. Silber(I)iodid löst sich im Gegensatz zu den Silber(I)bromid und Silber(I)chlorid nur in Kaliumcyanidlösung, nicht aber in Ammoniak oder Natriumthiosulfatlösung auf. Es ist auch das am wenigsten Lichtempfindliche der drei.

Qualitative Analytik: Iodide oxidieren sich in Chlorwasser zu elementarem Iod, dieses kann mit Petrolether ausgeschüttelt werden. Es geht noch bereitwilliger in die Etherphase als das Brom über, da seine Löslichkeit in Wasser noch geringer, die Löslichkeit in Petrolether noch höher ist, als jene des Broms. Ein Überschuss an Chlor oxidiert Iod allerdings weiter zu Iodat (farblos!).

Iod und Iodverbindungen in der qualitativen Analytik:

Silberiodid-Niederschlag[3]

Blei(II)iodid-Niederschlag[3]

Iod in Petroletherphase[3]

Quellen: [1] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: Emoke Dénes. Das Bild ist unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz freigegeben.

[2] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: Walkerma. Das Bild ist von seinem Urheber als Public Domain veröffentlicht worden. Dies gilt weltweit.

[3] Eigenes Bild. Dieses Bild darf unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz frei verwendet werden. Bei Verwendung bitte einen Link auf mein Web-Angebot setzen.

[4] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: Tomihahndorf. Das Bild ist von seinem Urheber als Public Domain veröffentlicht worden. Dies gilt weltweit.