52, Tellur (Te)

lat. tellus = Erde

Das Element Tellur:

         
  As Se Br  
  Sb Te I  
  Bi Po At  
         
 
   
   
   
   
   
   
   
Natürliche Entstehung von Tellur (Nukleosynthese): Tellur wird natürlich mit acht stabilen bzw. sehr langlebigen Isotopen in Roten Riesen bzw. während Supernova-Explosionen gebildet, sowie im Falle von Te-120 unter Photonendesintegration aus Sn-120. Das häufigste Isotop ist Te-130 (34,08%), gefolgt von Te-128 (31,74%), Te-126 (18,84%), Te-125 (7,07%), Te-124 (4,74%), Te-122 (2,55%), Te-123 (0,89%) und Te-120 (0,09%).

Die Tellur-Synthese:
120Te-Synthese:
(nur γ-Prozess)

120Sn + 1,70 MeV → 120Te + 2β-

122Te-Synthese:
(nur s-Prozess)

121Sb + n → 122Te + β- + 8,79 MeV

123Te-Synthese:
(nur s-Prozess)

122Te + n → 123Te + 6,93 MeV

124Te-Synthese:
(nur s-Prozess)

123Sb + n → 124Te + β- + 9,37 MeV

125Te-Synthese:
(s- und r-Prozesse)

124Te + n → 125Te + 6,57 MeV

56Fe + 69n → 125Te + 26β- + 585 MeV

126Te-Synthese:
(s- und r-Prozesse)

125Te + n → 126Te + 9,11 MeV

56Fe + 70n → 126Te + 26β- + 594 MeV

128Te-Synthese:
(s- und r-Prozesse)

126Te + 2n → 128Te + 15,07 MeV

56Fe + 72n → 128Te + 26β- + 610 MeV

130Te-Synthese:
(s- und r-Prozesse)

128Te + 2n → 130Te + 14,50 MeV

56Fe + 74n → 130Te + 26β- + 624 MeV



Radioaktivität: Vier der acht Isotope haben eine sehr schwache Radioaktivität: Tellur-123 zerfällt jedoch mit einer Halbwertszeit von 9,2•1012 Jahren zu Antimon-123. Auch die Isotope Te-128 und Te-130 zerfallen unter doppelter Beta-Emission zu Xe-128 bzw. Xe-130, Te-120 unter deppeltem Elektroneneinfang zu Sn-120 (Umkehrung seiner Bildung) ebenfalls mit extrem langen Halbwertszeiten, so dass die Radioaktivität keine Rolle im Umgang mit dem Element spielt. Ein 1 kg natürlich zusammengesetztes Tellur hat eine Aktivität von rd. 0,1 Bq. Dies entspricht dem 300.000sten Teil dessen, was ein Kilogramm Kalium natürlicher Zusammensetzung an Aktivität hat.
Vorkommen von Tellur: Tellur kommt im Universum zu durchschnittlich 9 μg/kg am Aufbau der Materie vor (Rang 40). Während es am Gesamtaufbau der Erde mit rd. 1,4 mg/kg beteiligt ist, hat es sich während der Entstehungszeit der Erde aufgrund seiner hohen Affinität zu Gold und Silber fast vollständig im Erdkern angereichert. Daher ist sein Vorkommen in der Erdkruste mit 1 μg/kg im Bereich der Edelmetalle Gold und Platin (Rang 80).

Mineralisches Vorkommen. Tellur findet sich im Gegensatz zum Selen nicht mehr hauptsächlich als Begleiter der Sulfide, sondern bildet eigenständige, seltene Mineralien. Es hat eine auffallend hohe Affinitität zu Gold, mit welchem es als Goldtellurid (Au2Te, Au2Te2, Calaverit) vorkommt. Daneben vergesellschaftet es sich gerne mit Wismut (Tetradymit, Bi2STe2), Blei (Altait, PbTe) und Silber (Hessit, Ag2Te). Selten kommt Tellur auch gediegen vor, eine ebenfalls untergeordnete Rolle spielt das Vorkommen als Tellurwasserstoff in vulkanischen Gasen (ebenfalls nur Spuren). Im Gegensatz zu Schwefel und Selen kommt Tellur auch kationisch in der Natur vor. Im Tellurit (Tellurdioxid) kommt Tellur natürlich an Sauerstoff gebunden vor.

Wichtige Tellur-Vorkommen:

Cavalerit[1]
AuTe2

Altait[1]
PbTe

Hessit[1]
Ag2Te

Tetradymit[1]
Bi2Te2S

Tellurit[1]
TeO2

Gediegen Tellur[1]
Te


Tellur-Gewinnung: Tellur wird gleich dem Selen ausschließlich aus Anodenschlämmen der Kupfer- oder Nickelgewinnung gewonnen. Daei findet es sich in Form von Goldtellurid oder Silbertellurid. Nach oxidierendem, alkalischem Aufschluss liegt das Tellur im Regulus in Form von Tellurit (TeO32- an Natrium bzw. Kalium gebunden vor. Nach Auflösen desselben in Schwefelsäure verbleibt das Selen in Form von gut wasserlöslicher Seleniger Säure in der Lösung, während das Tellurit durch Protonierung und anschließende Wasserabspaltung in nahezu wasserunlösliches Tellurdioxid überführt wird, welches ausfällt. Es wird mittels Filtration abgetrennt und in Natronlauge gelöst. Nach Zusatz von Natriumsulfit bzw. dem Einleiten von Schwefeldioxid (welches mit der Natronlauge zu Natriumsulfit reagiert) wird diese Lösung wiederum mit Schwefelsäure angesäuert, wodurch aus dem Sulfit Schwefeldioxid freiwird, welches dann das Tellurdioxid bzw. Hydrogentellurit zu amorphem, braunem Tellur reduziert.

Reaktionen zur Tellur-Gewinnung:

a) Oxidatives Rösten von tellurhaltigem Anodenschlamm:
Au2Te + 4 KNO3 → 2 Au + K2TeO3 + K2O + 4 NO2

b) Fällen des Tellurdioxids durch Lösen des Regulus in Schwefelsäure:
K2TeO3 + H2SO4 → K2SO4 + TeO2↓ + H2O

c) Lösen des Tellurdioxid in Natronlauge zusammen mit Schwefeldioxid:
TeO2 + 2 SO2 + 6 NaOH → Na2TeO3 + 2 Na2SO3 + 2 H2O

d) Reduktion des Tellurits durch Ansäuern mit Schwefelsäure:
Na2TeO3 + 2 Na2SO3 + H2SO4 → Te↓ + 3 Na2SO4 + H2O


Das amorphe Tellur wird mittels Filtration abgetrennt, gewaschen und eingeschmolzen. Dabei wandelt sich die nichtmetallische Modifikation in graues, kristallines, halbmetallisches Tellur um (Ugs. auch fälschlicherweise als "Tellurmetall" bezeichnet). Für Zwecke als Halbleiter wird es mittels des Zonenschmelzverfahrens weiter gereinigt.

Bilder zur Tellur-Gewinnung

Elementares Tellur[3]

Schema: Tellur-Gewinnung[4]


Chemie von Tellur: Tellur hat die Elektronenkonfiguration [Kr] 5s24d105p4. Erwartungsgemäß betätigt es vorwiegend die Oxidationsstufen +4 und -2. Te(VI)-Verbindungen sind starke Oxidationsmittel, jedoch schwächere als analoge Se(VI)-, aber auch Po(VI)-Verbindungen. Telluride werden mit elektropositiveren Elementen gebildet, aus ihnen lässt sich mit Säure der giftige, stark reduzierend wirkende Tellurwasserstoff in Freiheit setzen. Tellur verhält sich chemisch insgesamt mehr wie ein Metall; so ist Tellurdioxid bereits ausgesprochen amphoter und eher ionisch aufgebaut (im Ggs. zu Schwefeldioxid und Selendioxid). Chemisch ist das Tellur dem Selen und dem Schwefel sehr ähnlich, es ist nur schwerer oxidierbarbar und insgesamt metallischer.

Verhalten an der Luft. Bei Raumtemperatur ist Tellur an der Luft vollkommen beständig. Beim Erhitzen auf Schmelztemperatur verbrennt es mit blauer Flamme zu weißgelbem Tellurdioxid. Tellurtrioxid kann auf diesem Wege nicht erhalten werden, es ist analog dem Selentrioxid durch Entwässerung von Orthotellursäure (H6TeO6) oder durch Umsetzung von Natriumtellurat mit Schwefeltrioxid erhältlich. Tellur(VI)oxid ist ein Oxidationsmittel, und zerfällt unterhalb der Schmelztemperatur zu Tellur(IV)oxid und Sauerstoff.

Te + O2 → TeO2 + 322,6 kJ


Verhalten gegenüber Wasser, Säuren und Laugen. In Wasser oder Wasserdampf ist Tellur beständig. Gegenüber nichtoxidierenden Säuren ist Tellur ebenso beständig. Von oxidierend wirkenden Säuren wird Tellur dagegen rasch aufgelöst, je nach Potential wird dabei Tellurige Säure oder Orthotellursäure erhalten. Von Laugen wird Tellur unter Wasserstoffentwicklung zu Telluriten (TeO32-) gelöst - aus oxidierenden alkalischen Schmelzen sind Tellurate (TeO42-) zugänglich.

Tellurhalogenide. Tellur(IV)fluorid und Tellur(IV)chlorid sind mehr ionisch aufgebaute, salzartige Stoffe. Sie hydrolysieren zu Te(OH)4 und der entsprechenden Halogenwasserstoffsäure in reversibler Reaktion. Daher ist es möglich durch Einwirkung von HF oder HCl auf TeO2 die beiden Halogenide zu erhalten. Prinzipiell sind die Tetrahalogenide (Fluorid bis Iodid) auch durch direkte Reaktion elementaren Tellurs mit dem entsprechenden Element erhältlich. Dabei nimmt die Reaktionsfreudigkeit erwartungsgemäß vom Fluor (Feuererscheinungen) zum Iod (Reaktion in der Wärme, schwach exotherm) hin ab. Von den Hexahalogeniden ist nur TeF6 bekannt, welches durch Fluorierung von TeF4 (mittels F2 oder BrF3) zugänglich ist. Dieses ist - im Gegensatz zu SF6 und SeF6, nicht inert, sondern ebenfalls ein gutes Fluorierungsmittel. Es hydrolysiert auch rasch zu H6TeO6 und HF.

Reaktionen mit anderen Nichtmetallen. Mit Stickstoff reagiert Tellur nicht, ebensowenig mit Phosphor. Mit Schwefel und Selen bilden sich Mischverbindungen lückenloser Zusammensetzung, die in ihren Eigenschaften zwischen den einzelnen Chalkogenen stehen.

Tellurite und Tellurate unterscheiden sich in ihren Eigenschaften stärker von entsprechenden Schwefel- und Selenverbindungen. Die Orthotellursäure (H6TeO6) ist im Gegensatz zur Schwefel- und Selensäure eine schwache Säure, welche eine gänzlich anderen molekularen Aufbau hat. Dementsprechend reagieren lösliche Tellurate (z.B. Natriumtellurat) infolge Hydrolyse in Wasser alkalisch. Tellurate mit Übergangsmetallen sind besser als Doppeloxide (MeO•TeO3) beschreibbar, sie haben weniger salzartigen, sondern mehr oxidischen Charakter - ebenfalls im Gegensatz zu analogen Selenaten und Sulfaten.

Tellur-Kationen. In konzentrierter Schwefelsäure reagieren Tellurverbindungen unter Bildung des [Te4]2+-Kations (violett gefärbt).

Telluride. In Verbindung mit Metallen bildet Tellur den elektronegativen Teil. Telluride sind meist legierungsartige Verbindungen, nur mit extrem elektropositiven Elementen (schwere Alkalimetalle) salzartige Substanzen. Mit Säuren werden aus ihnen Tellurwasserstoff freigesetzt.

Tellan. Mit Wasserstoff bildet Tellur endotherm den reduzierend wirkenden, stark giftigen Tellurwasserstoff (H2Te). Seine wässrige Lösung wirkt deutlich sauer, und ist noch leichter oxidierbar als eine Selenwasserstoff-Lösung.

Tellurverbindungen:

Tellurdioxid[2]
TeO2


Verwendung von Tellur und seinen Verbindungen : Da Tellur weitaus teurer in der Gewinnung ist, als Selen, jedoch beinahe gleiche Eigenschaften wie jenes hat, hat es technisch nur sehr begrenzt Verwendungsmöglichkeiten. Zu den seltenen Anwendungen gehören (unvollständige Auswahl):

  • Halbleiter. Zinktellurid, Cadmiumtellurid und Quecksilbertellurid (ZnTe, CdTe, HgTe) stellen Halbleiter vom Typ II-VI dar (nach den Gruppen des PSE, wo die beiden Elementen stehen: Zink, Cadmium bzw. Quecksilber in der II. Nebengruppe, Tellur in der VI. Hauptgruppe). Cadmiumtellurid-Quecksilbertellurid-MIschkristalle werden als Absorbermaterial für Infrarot-Sensoren verwendet. Mischkristalle aus Zink- und Cadmiumtellurid finden als Detektormaterial in Roentgen- und Gammastrahlensensoren Verwendung.[5]

  • Glasfaserkabel (Lichtwellenleiter). Tellurdioxid-basierte Gläser haben hohe Brechzahlen, weswegen sie sich gut als Core-Material eignen.

  • Niedrigeschmelzende Gläser können auf Basis von Tellurdioxid anstelle von Silciumdioxid hergestellt werden.
Verwendung von Tellur

Glasfaserkabel[6]

Wärmebild-Kamera[7]

Dünnschicht-Solarzellen[8]


Quellen: [1] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: Rob Lavinsky. Das Bild ist unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz freigegeben.

[2] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: Materialscientist. Das Bild ist unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz freigegeben.

[3] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: W. Oelen. Das Bild ist unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz freigegeben.

[4] Eigenes Bild. Dieses Bild darf unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz frei verwendet werden. Bei Verwendung bitte einen Link auf mein Web-Angebot setzen.

[5] Quelle: Wikipedia, Artikel Cadmiumtellurid, aufgerufen am 26.02.2013.

[6] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: BigRiz. Das Bild ist unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz freigegeben.

[7] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: Mnolf. Das Bild ist unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz freigegeben.

[8] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: Dantor. Das Bild ist unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz freigegeben.