43, Technetium (Tc)

gr. technetos = künstlich

Das Element Technetium:

         
  Cr Mn Fe  
  Mo Tc Ru  
  W Re Os  
         
 
   
   
   
   
   
   
   
Natürliche Entstehung von Technetium (Nukleosynthese): Technetium wird durch s-Prozesse (Tc-97, Tc-98, Tc-99) in entsprechend massenreichen Sternen (Roten Riesen) oder durch r-Prozesse nach Supernova-Explosionen (Tc-99) gebildet. Der Nachweis von Technetium in den Spektren massenreicher Sterne war einer der Belege für die Richtigkeit der Annahme, dass in diesen Sternen Nukleosynthesen stattfinden: Technetium hat keine stabilen Isotope, und seine beiden langlebigsten (Tc-97, Tc-98) haben eine Halbwertszeit von 2,6 und 4,2 Millionen Jahren. Der Nachweis des Elementes in entsprechend alten Sternen konnte also nur bedeuten, dass es dort gebildet worden ist.

Die Instabilität des Technetiums: Laut der Matthauchschen Isobarenregel können nicht zwei Nuklide, die gleiche Massenzahl haben und sich nur in der Kernladungszahl nur um eine Einheit unterscheiden, beide stabil sein. Da der Bereich der Betastabilität auf allen Plätzen von Molybdän- und Ruthenium-Isotopen belegt wird, kann es keine stabilen Technetium-Isotope geben. Außer beim Technetium ist dies auch beim Promethium der Fall.

Die einzigen Isotope, die bei Technetium stabil sein könnten, sind Tc-97 oder Tc-99. Tc-98 als (u,u)-Kern scheidet von vorneherein als Möglichkeit dazu aus.

Grafik: Technetium-Instabilität[1]

Nukleosynthese der drei langlebigsten Technetium-Isotope:
97Tc-Synthese:
(nur durch s-Prozess möglich):

96Ru + n → 97Ru + 8,11 MeV
97Ru + e-97Tc + 1,11 MeV

Zerfall:
97Tc + e-97Mo + 0,32 MeV
T½=2,6•106 a

98Tc-Synthese:
(nur durch s-Prozess möglich):

97Tc + n → 98Tc + 7,28 MeV

Zerfall:
98Tc → 98Ru + β- + 1,80 MeV
T½=4,21•106 a

99Tc-Synthese:
(durch r- und s-Prozess möglich):

56Fe + 43n → 99Tc + 17β- + 374 MeV

98Mo + n → 99Mo + 5,93 MeV
99Mo → 99Tc + β- + 1,36 MeV

Zerfall:
99Tc → 99Ru + β- + 290 keV
T½=211.100 a

Vorkommen von Technetium: Primordial gebildetes Technetium ist längst zerfallen. Das Element kommt im Universum nur temporär nach Supernova-Explosionen bzw. in Roten Riesen während der dort ablaufenden s-Prozesse vor.

Natürlich kommt Technetium nur in geringsten Spuren in Uranerzen vor, wo es während Spontanzerfällen entstehen kann. So enthält 1 kg Reinuran nur etwa 1 ng Technetium[2]. Damit ist es immerhin noch hundertmal häufiger als Francium.

Künstlich existiert das Element dank Nukleartechnologie und Kernwaffentests im Tonnenmaßstab. So ist es in den Spaltprodukten von Kernreaktoren zu etwa 6% enthalten, da Kernbruchstücke mit 99 Nukleonen bei weniger als 42 Protonen relativ häufig infolge Kernspaltung entstehen. Diese zerfallen im Endeffekt zu Ruthenium-99, wobei das Technetium-99 jedoch ein langlebiges Zwischenglied auf der Zerfallsreihe darstellt. Insgesamt wird die vorhandene Menge an Technetium auf mehr als 78 Tonnen geschätzt (2012).[2].

Ausblick: Erst nach 5,54 Millionen Jahren wird von dieser Menge nur noch 1 Gramm übrig sein. Es ist also wahrscheinlich, dass sich das Element in der Biosphäre weiter ausbreiten wird. In der Irischen See oder in dem Fluss Tetscha (Seitenfluss des Ob, Sibirien, Russland) findet sich das Element schon jetzt in messbaren Konzentrationen. Dies liegt an dem fahrlässigen Umgang mit Spaltprodukten seitens der Wiederaufbereitungsanlagen Sellafield (England) bzw. der Kerntechnischen Anlage Majak (Russland). In letzterer werden auch französische und damit auch deutsche Brennstäbe wieder aufbereitet.
Technetium-Gewinnung: Technetium für technische Zwecke wird durch Isolation aus über einem Jahr abgeklungenen Spaltprodukten von Kernreaktoren gewonnen. Man extrahiert es daraus - nach Abtrennung von Uran und Plutonium - indem man die wässrige, schwefelsaure Lösung, der etwas Wasserstoffperoxid zugesetzt wird, gegen Methylpyridin ausschüttelt. Das Pertechnetat geht dabei vollständig in die organische Phase über. Daraus kann es dann durch Abdampfen des Lösemittels als Pertechnetat-Salz (Ammonium-, Kalium- oder Natriumsalz) isoliert werden. Elementares Technetium erhält man aus Pertechnetaten durch Elektrolyse der schwefelsauren, wasserperoxidhaltigen Lösung. Alternativ kann man auch Ammoniumpertechnetat im Wasserstoffstrom bei hohen Temperaturen oder durch Reduktion derselben mit Zink erfolgen.

Für medizinische Zwecke wird Technetium-99m durch einen Tc-99m-Generator aus einer Lösung mit zerfallendem Molybdän-99 extrahiert. Das Prinzip ist, dass auf Aluminiumoxid adsorptiv gebundenes, in Wasser praktisch unlösliches Molybdat(VI) (aus 99Mo) durch radioaktiven Zerfall mit einer Halbwertszeit von 66 Stunden in Pertechnetat(VII) (mit 99mTc) übergeht. Dieses Technetium-Mesomere zerfällt unter Abgabe von 142,8 keV-Gammastrahlung mit einer Halbwertszeit von 6 Stunden in seinen Grundzustand.

99mTc-Darstellung für medizinische Zwecke:

1. Erzeugung von 99Mo im Kernreaktor:
98Mo + n → 99Mo + 5,93 MeV

2. Zerfall des Mo-99 zu Tc-99m (t½ 66 Stunden):
99MoO42-99mTcO4- + 1,22 MeV

3. Zerfall des 99mTc zu 99Tc (t½ ~6 Stunden):
99mTc → 99Tc + 142,8 keV



Bilder zur Technetium-Gewinnung

Elementares Technetium[4]

Tc99m-Generator[5]

Kernreaktor[4]
Chemie von Technetium: Aufgrund der leichten Verfügbarkeit und doch hohen Halbwertszeit ist die Chemie des Elementes bestens bekannt. Wie aufgrund seiner Elektronenkonfiguration [Kr]5s24d5 zu erwarten, ist die häufigste Oxidationsstufe +7, wobei - wie beim Mangan - alle Oxidationsstufen zwischen -1 und +7 erreicht werden können. Folgend dem Trend der 5. Periode ím d-Block, sind dabei die niedrigen Oxidationsstufen reduktionsempfindlicher als dies bei den homologen Elementen der 4. Periode der Fall ist: So ist für Technetium keine wässrige Chemie für die Oxidationsstufen +2 und +3 bekannt, ganz im Gegensatz zum Mangan. Sehr gut beschrieben sind dagegen die Oxidationsstufen +4, +6 und +7.

Reaktion an der Luft: Technetium ist in kompakter Form bei Raumtemperatur vollkommen stabil gegenüber Oxidation durch den Luftsauerstoff: Das Metall bleibt blank. Beim Erhitzen oberhalb 400°C reagiert es jedoch zu Tc2O7.

4Tc + 7O2 → 2Tc2O7 + 2230kJ

Tc + O2 → TcO2 + 433kJ


Reaktionen mit Wasser, Säuren und Laugen: Gegenüber Wasser, nichtoxidierenden Säuren und Flusssäure ist Technetium in der Kälte und in der Hitze stabil. Von oxidierenden Säuren wie konz. Salpetersäure, konz. Schwefelsäure oder Königswasser wird das Metall jedoch aufgelöst. Dabei werden Salze mit dem Kation TcO22+ ("Technetyl(IV)-Salze") oder bei noch stärkerer Oxidationskraft Technetium(VII)oxid gebildet. Während wässrige Alkalien das Metall nicht angreifen, lösen alkalische, oxidierende Schmelzen (z.B. Soda und Natriumnitrit) das Metall unter Bildung von Technetaten(VII) auf.

Reaktion von Technetium mit Säuren:

Reaktion mit konzentrierter Schwefelsäure:
Tc + 3H2SO4 → [TcO]SO4 + 2SO2 + 3H2O

Reaktion mit konzentrierter Salpetersäure:
6Tc + 14HNO3 + 7O2 → 6HTcO4 + 14NO2 + 4H2O


Reaktionen mit Halogenen: Mit Fluor bildet Technetium beim Erhitzen Technetium(V)fluorid und Technetium(VI)fluorid, mit Chlor Technetium(VI)chlorid, mit Brom und Iod Technetium(IV)halogenid. TcCl4 ist auch aus Technetium und Chlorwasserstoffgas erhältlich.

Wässrige Technetiumchemie: Technetium kommt kationisch in der Oxidationsstufe +4 als TcO2+-Ion vor, welches allerdings auch nur bei sehr tiefen pH-Werten (<1) existenzfähig ist. So existieren Salze wie [TcO]SO4, TcOCl2, TcO(NO3)2, die in Wasser alle leicht unter stark sauerer Reaktion löslich sind. Setzt man einer Technetyl(IV)-Salzlösung Alkalihydroxid-Lösung zu, so fällt Technetium(IV)oxidhydroxid (TcO(OH)2) aus. Dieses lässt sich zu schwarzem Technetium(IV)oxid entwässern. Im Laugen-Überschuss löst es sich zu Trihydroxotechnetylat(IV), TcO(OH)3-, auf. Bei Weitem reduktionsstabiler als die homologen Permanganate sind die Pertechnetate mit dem Anion TcO4-. Die zugrunde liegende Pertechnetiumsäure (HTcO4) ist leicht durch Lösen des hellgelben Technetiumheptaoxids in Wasser zugänglich. Sie ist zwar eine starke Säure, aber schwächer als die Permangansäure und die Perrheniumsäure. Es bildet gut beschriebene, hellgelbe Salze mit Silber, Alkali- und Erdalkalimetallen.

Sulfide. Durch Einleiten von Schwefelwasserstoff ist aus Pertechnetaten das schwarze Technetiumheptasulfid (Tc2S7) zugänglich.

Fotomontagen von Technetiumverbindungen

Technetiumheptaoxid, Tc2O7[3]

Technetiumpentafluorid, TcF5[3]

Technetiumdioxid, TcO2[3]


Physikalische Besonderheiten von Technetium bzw. von seinen Verbindungen: Technetium hat unterhalb von 7.08K supraleitende Eigenschaften. Unter Normaldruck ist dies der dritthöchste Wert für ein chemisches Element (nach Niob und Blei).
Verwendung von Technetium und seinen Verbindungen : Die Verwendung von Technetium ist aufgrund seiner Radioaktivität stark eingeschränkt.
  • Medizin. Technetium-99m ist ein sehr weit verbreitetes und beliebtes Radiopharmakon zur Diagnostik. Dies hängt mit der geringen Halbwertszeit und der mit 140 keV niedrigen Energiedosis der resultierenden Gamma-Strahlung zusammen.

  • Inhibitor. Technetate haben sehr gute inhibierende (korrosionsverhindernde) Wirkungen auf Eisen. Aufgrund der Radioaktivität können Technetate jedoch nur in geschlossenen Systemen in Anlagen eingesetzt werden, die ohnehin mit Radioaktivität in Berührung kommen (z.B. Kühlkreislaufsysteme in Reaktoren).
Verwendung von Technetium

Tc-Szintigraphie[6]

Kühlkreisläufe von Kernkraftwerken[4]

Biologische Bedeutung von Technetium: Technetium (als Tc-97, Tc-98 oder Tc-99) wirkt durch seine Radioaktivität mehr oder weniger stark krebserregend.

Im Gegensatz zu anderen Radionukliden wie etwa Strontium-90 oder Cäsium-137, die durch die Reaktorunfällen von Tschernobyl oder Fukushima freigesetzt wurden, ist von Technetium nicht zu erwarten, dass es sich im Nahrungskreislauf anreichert: Das chemisch eng verwandte Rhenium erfüllt keine biologischen Funktionen und ist auch nicht toxisch. Technetium, dass infolge der Diagnostik aufgenommen wird, wird relativ rasch wieder ausgeschieden und lagert sich im Körper nicht ab.

Biochemisch betrachtet ist Technetium wahrscheinlich nur wenig oder überhaupt nicht toxisch, was aber aufgrund seines Gefahrenpotentials aufgrund seiner Strahlung vollkommen in den Hintergrund tritt.
Quellen: [1] Eigenes Bild. Dieses Bild darf unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz frei verwendet werden. Bei Verwendung bitte einen Link auf mein Web-Angebot setzen.

[2] Wikipedia, Artikel Technetium.

[3] Eigenes Bild. Dieses Bild wird von mir als gemeinfrei veröffentlicht. Dies gilt weltweit für jedweden Zweck.

[4] Bildquelle: Bild einer US-Behörde, welches in Ausübung des Dienstes angefertig wurde. Solche Bilder sind gemeinfrei, wenn es nicht ausdrücklich anders angegeben ist.

[5] Bildquelle: Wikimedia Commons. Urheber: KieranMaher. Das Bild ist von seinem Urheber als Public Domain veröffentlicht worden. Dies gilt weltweit.

[6] Bildquelle: Chirurgische Klinik I, Charité - CBF http://chilearning.charite.de. Mit freundlicher Genehmigung von Herrn Dr. Lehmann. Das Bild unterliegt dem Urheberrecht und darf nicht ohne Genehmigung verwendet werden.